Wirtschaftsnobelpreis:Lehren aus dem Superspiel

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Robert Aumann und Thomas Schelling sind für ihre grundlegenden Beiträge zur Spieltheorie mit der höchsten Auszeichnung der Wirtschaftswissenschaften geehrt worden.

Nikolaus Piper und Maximilian Kirchner

Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften geht in diesem Jahr an den in Frankfurt geborenen Israeli Robert Aumann und an den Amerikaner Thomas Schelling. Mit den beiden Ökonomen hat das Nobelkomitee erneut Vertreter der Spieltheorie innerhalb der Ökonomie ausgezeichnet.

Thomas C. Schelling (links) und Robert J. Aumann. (Foto: Foto: Economics New School)

Die Spieltheorie hat die Aufgabe, in ökonomischen, aber auch militärischen und sozialen Konflikten rationales Entscheidungsverhalten zu definieren. Sie entwickelte sich seit den vierziger Jahren anhand militärisch-strategischer und ökonomischer Probleme.

Der 75-jährige Aumann und der 84-jährige Schelling hätten mit ihrer Arbeit daran mitgewirkt, ökonomische Konflikte besser erklären zu können, hieß es in der Begründung der Jury in Stockholm. Aumann lehrt am Mathematischen Institut der Hebräischen Universität in Jerusalem. Schelling wirkte an den Universitäten in Maryland und Harvard.

"Schon lange fällig"

Mit den Amerikanern John C. Harsanyi und John F. Nash und dem Deutschen Reinhard Selten von der Universität Bonn waren 1994 erstmals Vertreter der Spieltheorie ausgezeichnet worden. Selten begrüßte die Entscheidung des Preiskomitees im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung: "Robert Aumann war schon lange fällig. Ich hätte es gerne gesehen, wenn er die Auszeichnung noch vor mir bekommen hätte. Mit meinem Freund Aumann wurde einer der beiden führenden Spieltheoretiker der Gegenwart ausgezeichnet. Der andere, Lloyd Shapley, ist immer noch leer ausgegangen."

Auch Thomas Schelling habe wichtige Beiträge zur Weiterentwicklung der Spieltheorie geleistet.

Innerhalb von Aumanns breitem Lebenswerk würdigte das Komitee in Stockholm vor allem seine Beiträge zur Theorie wiederholter Spiele, dem so genannten "Superspiel". Wenn man mit einem Partner immer wieder das gleiche Spiel spielt, so erläutert Selten den Grundgedanken, lohnt es sich, auf den schnellen Profit zu verzichten und seine Gewinnerwartungen langfristig anzulegen: "Wenn zwei Unternehmer eine dauerhafte Geschäftsbeziehung wollen, dann wird keiner den anderen ausbeuten.

Bedeutsame Analysewerkzeuge

Aumanns Modelle können erklären, warum Kooperation schwieriger ist, wenn die Zahl der Beteiligten steigt, wenn sie nur in unregelmäßigen Abständen miteinander in Kontakt treten oder wenn das Verhalten nicht transparent ist." Aumann habe somit bedeutsame mathematische Analysewerkzeuge entwickelt.

Mit Hilfe dieser können wirtschaftliche Konflikte wie etwa Preis- oder Handelskriege erklärt oder auch die Frage beantwortet werden, warum bestimmte Gemeinschaften erfolgreicher allgemein zur Verfügung stehende Ressourcen verwalten können als andere, hieß es in der Urteilsbegründung der Königlich-Schwedischen Akademie.

Die Theorie der wiederholten Spiele begründe die Existenz von Phänomenen und Institutionen, die sich von Handelszünften und organisiertem Verbrechen bis hin zu Tarifverhandlungen und internationalen Handelsvereinbarungen erstrecken.

Auch Thomas Schelling habe mit seinem Werk The Strategy of Conflict schon 1960 einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass die Spieltheorie einen vereinenden Rahmen für die Sozialwissenschaften im Allgemeinen bieten kann. Damit habe der Amerikaner der Spieltheorie über die Volkswirtschaftslehre hinaus zum Durchbruch verholfen.

Originelle Gedanken und Begriffe

Seit Mitte der fünfziger Jahre sei es Schelling gelungen, mit einem Minimum an mathematischer Technik originelle Gedanken und Begriffe zu entwickeln. Mitten im Kalten Krieg untersuchte er die Bedingungen für internationale Sicherheit und das Wettrüsten zwischen den Supermächten USA und Sowjetunion.

Mit der Theorie von der Kraft der Selbstbindung kann Schelling zum Beispiel erklären, dass der Verzicht auf Handlungsoptionen von Vorteil sein kann. Wenn ein Staat glaubhaft seinen Verzicht auf Atomwaffen erklärt, kann er dafür etwas einhandeln, was für ihn möglicherweise wertvoller ist.

Schelling wirkte am Marshall-Plan mit und war in den fünfziger Jahren Berater im Weißen Haus. Im Konflikt mit der Sowjetunion machte er sich zum Verfechter einer harten Linie in der Verteidigungspolitik: Er versuchte nachzuweisen, dass die Drohung mit Vergeltungsschlägen äußerst wirksam sein könne.

Umstritten

Der mit 1,1 Millionen Euro dotierte Wirtschaftsnobelpreis wird seit 1969 verliehen und ist umstritten, weil er nicht direkt auf das Testament des Preisstifters zurückgeht, sondern von der schwedischen Reichsbank geschaffen wurde.

© SZ vom 11.10.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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