Wirtschaftskriminalität:P&R-Anleger dürfen hoffen

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2020 könnte es eine erste Abschlagszahlung geben. Vorausgesetzt, viele Investoren unterzeichnen eine Vergleichsvereinbarung.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Der Insolvenzverwalter der Container-Firma P&R verschickt in den nächsten Tagen einen Brief an die 54 000 Anleger. Darin findet sich eine Vergleichsvereinbarung mit der Möglichkeit zur Unterschrift. "Diese kann von den Insolvenzverwaltern im Interesse aller Gläubiger allerdings nur umgesetzt werden, wenn sie von einer überragenden Mehrheit der Gläubiger akzeptiert wird", sagt der Insolvenzverwalter Michael Jaffé. Sollte sich eine substanzielle Anzahl der Gläubiger gegen den Abschluss der Vereinbarung aussprechen, könnten sich das Insolvenzverfahren und die Verteilung der ersten Abschläge bis 2020 "erheblich verzögern". Bisher seien 110 Millionen Euro aus der Fortführung des vorhandenen Containergeschäfts eingegangen, im laufenden Jahr würden weitere 150 Millionen Euro dazukommen.

Die Pleite von P&R ist mit einem Schaden von rund 3,5 Milliarden Euro einer der größten Betrugsfälle im Bereich der Geldanlage. "Einem Milliardenschaden für Anleger stehen mögliche Auszahlungen von einem Bruchteil gegenüber", sagt Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende. "Es zeigten sich im Fall P&R Schwächen in der Aufsicht wie auch in der bestehenden Gesetzeslage", sagt Schick.

Die Frage der Steuerzahlungen ist noch nicht geklärt

Viele Familien haben seit den 70er-Jahren über P&R ihr Geld immer wieder in die Vermietung von Frachtcontainern gesteckt. Das Geschäft lief lang gut, die Zahlungen an die Anleger gingen stets pünktlich ein, bis 2018 überraschend Insolvenz angemeldet wurde. Bald schon kam der Betrugsverdacht auf durch den Aufbau eines Schneeballsystems.

Der Insolvenzverwalter stellte einen hohen Fehlbestand bei den Containern fest. Von den 1,6 Millionen an die Anleger verkauften Container waren nur 600 000 Stück vorhanden. P&R habe ab dem Jahr 2007 immer häufiger Verträge mit Anlegern über Container geschlossen, die es de facto nie gegeben habe und die auch nicht angeschafft worden seien, so der Insolvenzverwalter in seinem damaligen Bericht. Neu eingeworbene Gelder seien benutzt worden, um Altanleger auszubezahlen. Dieses Gebaren bezeichnet man gemeinhin als Schneeballsystem. Die Staatsanwaltschaft München hat inzwischen Anklage gegen den P&R-Gründer Heinz Roth erhoben. Sie wirft ihm gewerbsmäßigen Betrug sowie Steuerhinterziehung vor.

Nun geht es vor allem um die grundsätzliche Frage, ob der Insolvenzverwalter frühere Ausschüttungen von den Anlegern zurückfordern muss, um diese Beträge der Insolvenzmasse zuzuschlagen. "Es wird nun einige Musterverfahren gegen Anleger geben, am Ende wird das der Bundesgerichtshof entscheiden", sagt der Fachjournalist und Herausgeber des Investmentcheck, Stefan Loipfinger. Um genug Zeit für diese höchstrichterliche Entscheidung zu haben, liegt dem Brief des Insolvenzverwalters an die Anleger eine Hemmungsvereinbarung bei. "Mit ihrer Unterzeichnung stimmen die Anleger zu, dass die Verjährungsfrist auf 2023 verlängert wird. Das sollte man auch machen", empfiehlt Loipfinger.

Der Rechtsanwalt Peter Mattil berichtet, dass Anleger wegen P&R Post vom Finanzamt erhalten haben, mit unterschiedlichem Inhalt, was mögliche Steuerzahlungen angeht. "Es gibt dort verschiedene, offenbar nicht abgesprochene Rechtsauffassungen", so Mattil. "Die Oberfinanzdirektionen konnten sich noch nicht auf eine klare Grundsatzentscheidung einigen, aber das müsste bald kommen", sagt Loipfinger.

© SZ vom 30.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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