Wirtschaft:Wirtschaft verlangt von Schwarz-Rot Kurskorrekturen

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München (dpa) - Drei Monate nach dem Start der schwarz-roten Bundesregierung drängt die deutsche Wirtschaft auf Korrekturen an der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.

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München (dpa) - Drei Monate nach dem Start der schwarz-roten Bundesregierung drängt die deutsche Wirtschaft auf Korrekturen an der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.

„Wir müssen die richtigen Maßnahmen treffen, dass wir auch in fünf Jahren noch so erfolgreich sind“, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, am Freitag anlässlich eines Spitzengesprächs der Verbände mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in München. Die Kanzlerin zeigte sich nach dem Treffen mit den Wirtschaftsvertretern zwar grundsätzlich gesprächsbereit, machte aber keine festen Zusagen.

Insbesondere kritisieren die Verbände die Pläne für eine abschlagsfreie Rente mit 63 sowie einen gesetzlichen Mindestlohn. „Der Mindestlohn ist gut gemeint, aber nicht gut gemacht“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, und forderte eine vernünftige Ausgestaltung. Merkel sagte dazu, es gehe sehr wohl darum, Fehlanreize zu vermeiden. „Sie dürfen davon ausgehen, dass wir Ihre Ratschläge auch aufnehmen und sicherlich auch einiges davon umsetzen.“ Sie gebe aber keine Versprechen ab.

Von der Rente mit 63 befürchten die Verbände vor allem eine Verschärfung des Fachkräftemangels. In dieser Hinsicht wirkten die Pläne „kontraproduktiv“, erklärte BDI-Chef Grillo. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer kritisierte die Rentenpläne als „Rolle rückwärts“. „Das können wir nicht befürworten.“

Grillo beklagte auch ein „Innovationsdefizit“ in Deutschland und warnte vor zusätzlichen Belastungen der Industrie durch die Energiewende. Wenn sich die Wirtschaft nicht auf „wettbewerbsfähige Strompreise“ verlassen könne, seien Hunderttausende Arbeitsplätze gefährdet. Merkel sprach sich für den Erhalt von Ausnahmeregelungen bei der EEG-Umlage für energieintensive Unternehmen aus.

Mit Blick auf den EU-Gipfel kommende Woche erklärte die Kanzlerin, wenn man wolle, dass Deutschland weiter Stabilitätsanker und Zugpferd in Europa sei, dann müsse Deutschland energieintensive Unternehmen weiter von der EEG-Umlage befreien können. Das werde sie auf dem Gipfel „sehr deutlich“ machen.

Bei den Sanktionsdrohungen gegen Russland in der Krim-Krise stellten sich die vier großen Wirtschaftsverbände hinter die Kanzlerin. Sanktionen hätten zwar negative Wirkungen für beide Seiten, sagte Grillo.

„Aber Völkerrecht geht über alles“, betonte er. „Wenn klar gegen das Völkerrecht verstoßen wird, dann müssen Sanktionen getroffen werden.“ Auch wenn die Wirtschaft leiden würde, komme man an solchen Maßnahmen vielleicht nicht vorbei. Er habe vollstes Vertrauen, dass die Bundesregierung „mit Augenmaß“ entscheiden werde.

In der Diskussion mit Brüssel über den Meisterbrief pochte Handwerkspräsident Wollseifer auf dessen Erhalt. „Wir müssen die Qualität in der Ausbildung halten“, sagte Wollseifer. Das duale Ausbildungssystem im Handwerk schütze Deutschland nachhaltig vor hoher Jugendarbeitslosigkeit, wie es sie beispielsweise in südeuropäischen Ländern gebe.

Daher wolle man das System nicht nur erhalten, sondern auch in andere Länder exportieren. Zustimmung kam von der Kanzlerin: „Weil das so ist, wie Herr Wollseifer gesagt hat, unterstützen wir auch die Frage des Meisters als Berufszugangsvoraussetzung“, sagte Merkel.

Zum Auftakt der Messe am Mittwoch hatte ein hochrangiger Vertreter der EU-Kommission versichert, Brüssel werde den Meisterbrief nicht verändern. Unklar bleibt aber, wie weit dieses Zugeständnis reicht.

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