Wirtschaft kompakt:Karstadt versucht es ohne Kredit

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Karstadt soll ohne Kredit durch die Insolvenz gebracht werden, Eon-Angestellte gehen auf die Straße und Heidelberg-Cement ist vorerst gerettet - die wichtigsten Meldungen im Überblick.

Die Karstadt-Warenhauskette benötigt nach Einschätzung des vorläufigen Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg keinen Massekredit. "Die Finanzierung des Weihnachtsgeschäftes trauen wir uns im Rahmen der bestehenden Verträge zu", sagte er bei einer ersten Zwischenbilanz zum Insolvenzverfahren des Arcandor-Konzerns. Mit einem Massekredit können Unternehmen im Insolvenzverfahren zahlungsfähig gehalten werden. Die Forderungen des Kreditgebers werden vorrangig bedient.

Der Kaufhauskonzern Karstadt soll ohne Massekredit durch die Insolvenz geführt werden. (Foto: Foto: AP)

Im Juni liegt die zu Arcandor gehörende Warenhauskette nach Görgs Angaben beim Umsatz über dem Wert des Vorjahres und über Plan. Die Kunden hielten die Treue, sagte Görg.

Beim Mutterkonzern Arcandor konzentriert sich der Insolvenzverwalter nach eigenen Angaben derzeit auf die Stabilisierung der Geschäftsabläufe. Blitz-Verkäufe an die Metro oder an andere Interessenten seien kein Thema, sagte Görg. "Ob und in welcher Höhe wir Beiträge der Anteilseigner zur Restrukturierung der Arcandor-Gruppe benötigen", werde sich zeigen.

Zugleich hat der Arcandor-Konzern einen weiteren Insolvenzantrag gestellt. Als 20. Gesellschaft habe der Essener IT-Dienstleister Itellium einen entsprechenden Antrag vorgelegt, berichtete Görg. Bislang hatten die Muttergesellschaft Arcandor und 18 weitere Töchter Insolvenzantrag gestellt. Itellium habe 620 Beschäftigte, hieß es.

Aus für exzessive Managergehälter

Top-Manager sollen künftig angemessener nach ihrer Leistung bezahlt werden und für Verluste auch persönlich haften. Der Bundestag beschloss ein Gesetz zur Vorstandsvergütung. Danach sollen sich die Gehälter der Firmenchefs stärker an der nachhaltigen und langfristigen Unternehmensentwicklung orientieren: Das Einkommen eines Managers muss sich demnach künftig an der branchen- und landesüblichen Vergütung ausrichten und im Unternehmen selbst vergleichbar sein. Aktienoptionen sollen Firmenvorstände künftig vier statt nur zwei Jahre halten müssen, bevor sie einlösen dürfen.

Außerdem muss dem Gesetz zufolge künftig der gesamte Aufsichtsrat die letzte Entscheidung über die Vorstandsgehälter treffen und nicht wie bisher nur ein kleiner Ausschuss. Für selbst verursachte Verluste müssen Manager demnach künftig mit dem bis zu Anderthalbfachen ihres Jahresgehaltes einstehen.

Das Kabinett hatte sich bereits Anfang März auf eine stärkere gesetzliche Kontrolle der Managergehälter geeinigt. Eine Arbeitsgruppe aus SPD und Union verschärfte die Regeln im April noch. Zahlreiche Spitzenmanager protestierten in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Mai vor allem gegen die Vorschrift, dass ein Vorstandschef erst nach einer zweijährigen Karenzzeit in den Aufsichtsrat desselben Unternehmens wechseln darf.

Sie argumentierten, der "tiefe Einblick" von Vorständen könne später bei der Kontrolle helfen. Eine Ausnahme von der Regel gibt es daher für den Fall, dass die Wahl eines ehemaligen Firmenchefs auf Vorschlag von Aktionären erfolgt, die mindestens 25 Prozent der Anteile halten.

Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig. Der Bundesrat kann es verzögern, aber nicht verhindern.

Eon-Beschäftigte demonstrieren gegen Jobabbau

Mehrere tausend Beschäftigte des Energiekonzerns Eon haben gegen einen Stellenabbau protestiert. Vor der Konzernzentrale in Düsseldorf forderten sie auf Spruchbändern unter anderem "Investitionen und Erhalt von Standorten".

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, die zu der Kundgebung aufgerufen hatte, befürchtet die Streichung von 4000 Arbeitsplätzen alleine in Deutschland. Eon plant Einsparungen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro. Bislang hat das Unternehmen lediglich bestätigt, dass es Gespräche mit den Sozialpartnern gebe, aber noch keine Entscheidung getroffen wurde.

Milliardenkredit für Heidelberg-Cement

Der hoch verschuldete Baustoffkonzern Heidelberg-Cement hat sich mit einem neuen Milliardenkredit Luft für seine Sanierung verschafft. Mit den mehr als 50 Gläubigerbanken sei eine umfassende Neuregelung der bestehenden Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 8,7 Milliarden Euro vereinbart worden, teilte der MDax-Konzern mit. "Damit sind alle Verbindlichkeiten eingeschlossen, wie etwa die im nächsten Jahr anfallenden fünf Milliarden Euro", sagte eine Sprecherin des zur Merckle-Gruppe gehörenden Unternehmens.

Medienberichten zufolge hatte sein Unternehmen in den vergangenen Wochen auch damit geliebäugelt, einen Kredit bei der bundeseigenen KfW-Bankengruppe zu beantragen. Dies wollte die Sprecherin nicht kommentieren. "Wir haben es aus eigener Kraft geschafft", sagte sie.

Die Verhandlungen seien angesichts der durch die Finanz- und Wirtschaftskrise geprägten Rahmenbedingungen sehr langwierig gewesen, berichtete das Unternehmen. Schließlich sei es aber gelungen, eine Lösung zu finden, die allen gerecht werde. Demnach wurden die bisherige Finanzierung der Übernahme des britischen Konkurrenten Hanson im Jahr 2007 sowie weitere Darlehen in den neuen Kredit eingebracht. Der neue Kreditvertrag laufe bis zum 15. Dezember 2011.

Der Finanzpakt kam zur rechten Zeit: In diesen Tagen läuft ein Überbrückungskredit in Höhe von 600 Millionen Euro aus, den die Banken Mitte Mai bewilligt hatten. Die Nachricht sorgte an der Börse für Erleichterung: Die Heidelberg-Cement-Aktie legte zeitweise um über 16 Prozent auf 30,81 Euro zu.

Der zu den weltweit größten Baustoffherstellern gehörende Konzern hatte sich vor allem durch die 14 Milliarden Euro teure Übernahme des britischen Konkurrenten Hanson hoch verschuldet. Derzeit arbeitet Heidelberg-Cement an einer umfassenden Neuordnung der Finanzen. Dazu gehören laut Konzernchef Scheifele ein konsequenter Abbau der Schulden, die Senkung der Kosten und deutliche Kürzungen bei den Investitionen.

Zudem will sich das Unternehmen mit rund 60.000 Mitarbeitern von weiteren Beteiligungen trennen und sucht nach neuen Eigenkapitalgebern. Die Merckle-Gruppe fällt wegen eigener Finanzprobleme aus und muss auf Drängen der Banken ihre Anteile an dem Baustoffkonzern verkaufen.

Altpapier gehört den Kommunen

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Kampf um die lukrative Entsorgung von Altpapier grundsätzlich zugunsten der Kommunen entschieden.

Die Bürger seien kraft Gesetzes verpflichtet, ihren Müll öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu überlassen und dürften nicht private Konkurrenten mit der Sammlung ihres Altpapiers beauftragen, entschied der 7. Senat des obersten deutschen Verwaltungsgerichts am Donnerstag in Leipzig.

Er hob ein Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichtes (OVG) auf, das einem klagenden privaten Entsorger aus Kiel recht gegeben hatte. Die Sache wurde an das OVG zurückverwiesen.

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