Wirecard:Schärfere Aufseher

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Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf verabschiedet, der Skandale wie den um den Dax-Konzern Wirecard künftig verhindern soll. Er kommt Olaf Scholz gerade recht.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Es ist ein schöner Zufall, dass an diesem Donnerstag der parlamentarische U-Ausschuss zum Betrugsskandal Wirecard tagt - und am Tag zuvor das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf verabschiedet hat, der solche Betrugsskandale künftig verhindern oder wenigstens erschweren soll. An diesem Zufall war besonders Olaf Scholz gelegen.

Der Finanzminister und Kanzlerkandidat der SPD hatte sich vehement dafür eingesetzt, das Gesetz "zur Stärkung der Finanzmarktintegrität" schnell auf den Weg zu bringen. Es ging ihm sicher um die Sache - aber auch um ihn selbst. Scholz steht als verantwortlicher Minister unter dem Vorwurf, die erheblichen Unstimmigkeiten bei dem Dax-Konzern nicht zur Chefsache gemacht zu haben. Weder in seinem Ministerium noch bei der Finanzaufsicht Bafin, die ihm unterstellt ist. Umso mehr war Scholz daran gelegen, mit dem Gesetz eine Chance zu schaffen, sich als Aufklärer in Sachen Wirecard darstellen zu können: Ja, es gab Fehler, aber jetzt kümmere ich mich: "Der Gesetzentwurf ist ein entscheidender Schritt, um die Bilanzkontrolle zu stärken, die Wirtschaftsprüfung zu reformieren und härter gegen kriminelle Machenschaften vorzugehen."

Und es ist nicht falsch: Scholz hat Druck gemacht, vor allem bei den Kollegen im Wirtschaftsministerium, um die Regeln und Auflagen für Wirtschaftsprüfer zu verschärfen. Dort hatte es großen Widerstand gegeben, wenigstens internationale Standards auch in Deutschland einzuführen - etwa große Prüfunternehmen rotieren zu lassen und Interessenkonflikte auszuschließen. Bisher duften Prüfer bei einem Unternehmen gleichzeitig prüfen und beraten. Man könne für das Versagen einzelner Wirtschaftsprüfer, im Falle Wirecard EY, nicht eine ganze Branche verhaften, hatte Minister Peter Altmaier (CDU) gewarnt.

Tatsächlich hat das Versagen der Prüfer von EY erst ermöglicht, dass der mittlerweile zahlungsunfähige Zahlungsdienstleister ungeniert betrügen konnte - sie hatten die Bilanzen als in Ordnung eingestuft. Im Gesetzentwurf heißt es: "Die Unabhängigkeit der Abschlussprüfer wird gestärkt, indem es auch für Kapitalmarktunternehmen fortan eine verpflichtende externe Prüferrotation nach zehn Jahren gibt und indem die Pflicht zur Trennung von Prüfung und Beratung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse wesentlich ausgeweitet wird." Verschärft werden soll die zivilrechtliche Haftung der Prüfer.

Was noch neu ist? Mitarbeiter der Aufsicht dürfen nicht mehr mit Aktien jener Unternehmen handeln, die sie beaufsichtigen. Strukturelle Änderungen hat Scholz gescheut: Das zweistufige Prüfverfahren, das im Falle Wirecard dazu geführt hat, dass sich Aufseher und Prüfer jahrelang die Verantwortung hin und her geschoben haben, bleibt. Geplant ist lediglich eine Reform "zugunsten eines stärker staatlich-hoheitlich geprägten Verfahrens". Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, kritisierte den Entwurf als "an vielen Stellen halbherzig". Die sich "als untauglich erwiesene doppelstufige Bilanzprüfung" bleibe bestehen. Aktiengeschäfte von Bafin-Beschäftigten würden "nicht umfassend genug verboten". Die sehr großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften könnten aufatmen. "Es müsste eine wirkliche eigentümerrechtliche Trennung von Prüfung und Beratung geben."

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