Wirecard:"Lediglich zwei Zwischenberichte"

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Wurde er frühzeitig umfassend informiert oder nicht? Bafin-Chef Hufeld verteidigt sich im Wirecard-Betrugsskandal.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Wann ist ein Bericht ein Bericht? Diese triviale Frage sorgt plötzlich für Spannungen zwischen zwei Präsidenten. Der eine, Felix Hufeld, ist Chef der staatlichen Finanzaufsicht Bafin - und in Bedrängnis, weil es unter seiner Kontrolle zu einem der größten Betrugsskandale der jüngeren deutschen Wirtschaftsgeschichte gekommen ist. Der Zahlungsdienstleister Wirecard konnte wohl über Jahre bandenmäßig organisiert betrügen, 1,9 Milliarden Euro Luftbuchungen, es gab lange schon Hinweise darauf, aber ebenso lange kein Durchgreifen seitens seiner Aufsichtsbehörde.

Bei der Frage, wie das passieren konnte und wer verantwortlich ist, geht es nun auch um Berichte.

Nämlich um jene, die der andere Präsident, Edgar Ernst, Chef der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung DPR, an den Aufsichtskollegen Hufeld geschickt hat. Oder doch nicht geschickt hat? Die DPR hat geprüft, ob die Bilanzprüfer der Wirecard AG, die renommierte Wirtschaftskanzlei EY, korrekt arbeiten. Auch die DPR hat jahrelang nichts gemerkt. Wobei sie darauf hinweist, dass sie die korrekte Rechnungslegung zu prüfen gehabt habe und wenig darüber hinaus. Trotzdem: Wenn es so etwas wie einen frühen Schwarzen Peter im Wirecard-Quiz gibt, dann hat Ernst ihn schon gezogen. Die DPR ist gekündigt, sie wird bei EY und Wirecard nichts mehr prüfen.

Ernst hatte also nichts zu verlieren, als er am vergangenen Mittwoch in der Sondersitzung des Finanzausschusses im Bundestag von Abgeordneten befragt wurde. Fast am Schluss kommen die Berichte ins Spiel, es wird etwas hektisch, das Wort hat eine seiner Mitarbeiterinnen. Sie sagt, am 14. Mai 2020 habe die DPR der Bafin "den Bericht" geschickt. Und einen zweiten "Prüfbericht" am 24. Juni 2020. Soll heißen, die DPR-Prüfer haben die Aufsicht schnell informiert.

Aufsichtspräsident Hufeld hatte dagegen am 1. Juli im Finanzausschuss des Bundestags erklärt, bis dahin keinen Prüfbericht bekommen zu haben und darüber verärgert gewesen zu sein - das ist protokollarisch festgehalten. Hat er sich geirrt?

Nein, teilt eine Sprecherin der Bafin der Süddeutschen Zeitung mit. Weil eben ein Bericht noch lange kein Abschlussbericht sein muss. Sie sagt, Hufeld habe den Finanzausschuss am 1. Juli "zutreffend darüber informiert, dass die Finanzaufsicht von der DPR bislang noch nicht den Prüfbericht zur Wirecard AG erhalten" habe. Die vollständigen Abschlussberichte, datierend auf den 20. Juli, seien bei der Aufsicht erst am 21. Juli eingegangen. Die DPR habe der Finanzaufsicht bis dahin "lediglich zwei Zwischenberichte" geschickt. Im ersten habe sie mitgeteilt, man müsse weitere Auskünfte bei Wirecard einholen. Im zweiten habe man "den Tenor der geplanten vorläufigen Fehlerfeststellung" erkennen können, "die Begründung fehlte jedoch". Die "zugrunde liegenden Fehlerfeststellungen" seien erst am 9. Juli eingetroffen, so die Sprecherin.

Das alles klingt so, als hätten sich zwei Präsidenten hier mit Berichten verheddert. Gut möglich, dass die Abgeordneten in der nächsten Sondersitzung des Finanzausschusses die Berichte sehen wollen.

© SZ vom 07.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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