Wettbewerb:Tech-Konzerne unter Druck

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(Foto: AP)

Apple, Amazon, Google und Facebook im Visier der Kartellwächter. Aktienkurse der Konzerne geben deutlich nach.

Von Katharina Kutsche, München

Für die großen Tech-Konzerne wird es langsam, aber sicher eng. Am Montag gaben Mitglieder des amerikanischen Repräsentantenhauses bekannt, dass sie prüfen, inwieweit Apple, Amazon, Google und Facebook gegen das Kartellrecht verstoßen haben. Dazu kommt, dass sich auch die verantwortlichen Behörden geeinigt haben, wer gegen wen ermittelt: Während sich das US-Justizministerium Apple und Google vorknöpft, will die US-Handelsaufsicht FTC Facebook und Amazon ins Visier nehmen. Das berichten das Wall Street Journal und die New York Times (NYT).

Diese Schritte sind schon deswegen bemerkenswert, weil die amerikanischen Gerichte sich in der Rechtsprechung zu Kartellverstößen oft daran orientiert haben, ob Kunden preislich benachteiligt werden. Bei Suchmaschinen und Netzwerken wie Google und Facebook, die keine Preise erheben, sondern die persönlichen Daten ihrer Nutzer zu Geld machen, funktioniert diese Argumentation nicht mehr. Experten sehen in dem neuen Vorstoß einen Versuch, das veraltete Wettbewerbsrecht an eine neue Industrie anzupassen. "Es geht darum, den Wettbewerb zurück in den Markt zu bringen", zitiert die NYT David Cicilline, den Vorsitzenden im Kartell-Unterausschuss des Repräsentantenhauses. Das Komitee plant für die nächsten 18 Monate eine Reihe von Anhörungen und will interne Dokumente bei den Unternehmen anfordern.

Inwieweit die Prüfungen der Politiker und Behörden tatsächlich zu Klagen und Urteilen gegen die Tech-Riesen führen, ist allerdings unklar. Gerade 2018 habe die Tech-Industrie eine Rekordsumme von fast 80 Millionen US-Dollar für Lobbyarbeit in Washington D.C. ausgegeben, so das Journal. Doch den mitunter jahrelangen Druck eines Rechtsstreits dürften die Konzerne trotzdem fürchten. Nachdem die Maßnahmen am Montag bekannt wurden, verloren alle vier Unternehmen an Aktienwert: Apple, Amazon und Google-Mutter Alphabet zwischen einem und sechs Prozent, Facebook sogar um mehr als und sieben Prozent.

In den vergangenen Jahren wurde gesellschaftlich und politisch der Druck auf die Konzerne aus dem Silicon Valley größer, ihre Marktmacht und Reichweiten wurden nach Skandalen überdeutlich. Facebook etwa steht unter anderem in der Kritik, weil es dem Beratungsunternehmen Cambridge Analytica genehmigte, auf private Daten von Millionen von Nutzern zuzugreifen. Außerdem boten das Netzwerk wie auch der Kurznachrichtendienst Twitter während des US-Präsidentschaftswahlkampfs eine Plattform für Desinformation und gezielte Beeinflussung. Amazon wiederum betreibt neben seinem eigenen mächtigen Online-Shop noch den Marktplatz, der ebenfalls zu groß ist, als dass Kleinhändler sich leisten können, dort nicht zu verkaufen - Anzeichen eines Monopols.

Zuletzt waren es vor allem die Demokraten im US-Kongress, die Maßnahmen gegen die Konzerne vorantrieben, etwa deren Zerschlagung forderten. Doch auch das ändert sich. Im Mai entschied der oberste US-Gerichtshof, dass Wettbewerbsklagen gegen Apple zulässig seien. Kunden können nun gerichtlich prüfen lassen, ob der iPhone-Hersteller seine Kunden benachteiligt, weil sie nur Apps aus dem hauseigenen Appstore kaufen dürfen. Dabei kam die entscheidende Stimme vom republikanischen Richter Brett Kavanaugh, den Präsident Donald Trump gegen größte Widerstände und trotz einer Klage wegen sexuellen Missbrauchs in den Supreme Court berufen hatte. Wie die NYT berichtet, unterstütze das Weiße Haus die Maßnahmen gegen die Tech-Riesen. Und die Kampfansage gegen die digitalen Märkte ist eine Erklärung beider Parteien im Justizausschuss des Kongress.

Für die globalen Konzerne wird es nun auch in ihrem Heimatmarkt ungemütlich

Für die global agierenden Konzerne wird es also in ihrem Heimatmarkt ungemütlich, nachdem sie bereits in Europa unter Druck stehen. Im März hatte die EU-Wettbewerbsbehörde zum dritten Mal eine Strafe gegen Google verhängt: 1,49 Milliarden Euro muss das Unternehmen zahlen, weil es bei der Suchmaschinen-Werbung andere Anbieter unerlaubt behinderte. 2017 und 2018 wurde Google zu einer Zahlung von 2,42 beziehungsweise 4,34 Milliarden Euro verdonnert, wegen ähnlicher Verstöße. Gegen Facebook verhängte die EU-Kommission vor zwei Jahren eine Strafe von 110 Millionen Euro, weil das Netzwerk bei der Übernahme des Messengers Whatsapp falsche Angaben gemacht hatte. Und ebenfalls im März reichte der schwedische Musikstreamingdienst Spotify bei der EU-Kommission eine Klage gegen Apple ein: Das Unternehmen missbrauche seine marktbeherrschende Stellung und behindere Spotify.

© SZ vom 05.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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