Wendelin Wiedeking:Bald ist er der heimliche VW-Chef

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Wenn Porsche 20 Prozent von Volkswagen kauft, wird der Vorstandsvorsitzende der Sportwagenschmiede künftig auch in Wolfsburg kräftig mitmischen.

Karl-Heinz Büschemann

Der Mann ist immer für eine Schlagzeile gut. Wendelin Wiedeking, Vorstandsvorsitzender von Porsche, hat es wieder geschafft, Aufsehen zu erregen. Der Zuffenhausener Sportwagenhersteller kauft 20 Prozent des VW-Konzerns. Das wirkt absurd. Porsche ist ein Zwerg in der Autoindustrie und VW ein Riese. Trotzdem können die Schwaben sich den Einstieg in Wolfsburg leisten. Das liegt daran, dass dieser 53-jährige Westfale aus der Stadt Ahlen vor 13 Jahren Chef von Porsche wurde.

Als der promovierte Maschinenbauer Wiedeking, der 1983 zu Porsche kam und neun Jahre später, gerade 40 Jahre alt, zum Vorstandsvorsitzenden aufstieg, war der Autobauer so gut wie pleite.

Das Unternehmen, das noch heute zu 100 Prozent im Besitz der Erben des Firmengründers Ferry Porsche liegt, baute damals 15.000 Autos pro Jahr und machte zeitweise Verlust. 2005 werden es bereits 88.000 Sport- und Geländewagen sein. Und während bei Wiedekings Anfang die Porsche-Aktie umgerechnet 18 Euro wert war, kostet das Papier heute 680 Euro. Porsche ist das profitabelste Autounternehmen der Welt, und es ist eine Ironie, dass dieser Winzling der Branche mit 1,1 Milliarden Euro genauso viel Gewinn macht wie der gemessen am Umsatz fünfzehnmal größere VW-Konzern.

Nadelstreifen und Zigarren

Wiedeking entspricht dem Klischee des Industriebosses wie kaum ein anderer. Grundsätzlich tritt er in auffälligen Nadelstreifen-Anzügen auf, eine dicke Zigarre ist meist nicht weit. Schon als Student gründete Wiedeking zwei Firmen, und gern erzählt er, dass er nichts wichtiger fand, als mit 30 Jahren seine erste Million verdient zu haben. Heute ist er der vermutlich bestverdienende deutsche Manager, sein Jahreseinkommen wird auf 15 Millionen Euro geschätzt.

Nicht zum gängigen Vorurteil passt, dass er ein Vertrauter des SPD-Bundeskanzlers Schröder ist und nicht wie andere Manager längst von ihm abgerückt ist. Golf spielt er nicht: "Dazu habe ich keine Zeit." Gern gibt sich Wiedeking volksnah, wenn er erzählt, wie er mit seinem alten Porsche-Diesel-Traktor aus den sechziger Jahren auf dem eigenen Acker Kartoffeln erntet.

Narrenfreiheit für den Westfalen

Wegen seines Erfolges genießt Wiedeking eine Art Narrenfreiheit. Er darf alles sagen, Kluges wie weniger Durchdachtes. Er wettert gegen die Veröffentlichung von Managergehältern, obwohl er Mitglied der "Corporate Governance Kommission" der Bundesregierung ist, die sich dringend für diese Transparenz ausspricht. Er findet Gehör in den Medien, wenn er sich gegen die Subventionen in der Autoindustrie ausspricht, obwohl er selbst davon profitiert: Porsche lässt seine Geländewagen im staatlich subventionierten VW-Werk in der Slowakei fertigen.

Das steigert Wiedekings Beliebtheit in der Branche natürlich nicht. Trotzdem sorgen sein guter Ruf und seine Effizienz als Manager dafür, dass Wiedeking immer wieder als Kandidat für höhere Aufgaben in der Branche gehandelt wird. Wiederholt wurde er als künftiger Vorstandsvorsitzender von Volkswagen genannt. Solche Spekulationen sind jetzt überflüssig. Wenn Porsche 20 Prozent der Aktien von VW hält, ist Wiedeking der heimliche Chef des Wolfsburger Riesen.

© SZ vom 26.09.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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