Weltwirtschaft:Währungsfonds vor großer Reform

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Die größte Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF) scheint gesichert. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) pochte auf der IWF-Jahrestagung in Singapur trotz Zugeständnissen auf die Wahrung der deutschen Stellung.

Helga Einecke

Die Neuordnung der Stimmrechte gilt als die größte Reform in der 60-jährigen Geschichte des IWF. Die vier Länder China, Korea, Mexiko und die Türkei sollen mehr Mitspracherechte im IWF bekommen. Zwar lehnen Argentinien, Brasilien, Ägypten und Indien die Reform ab. Auch die in der Gruppe G24 vereinten Entwicklungsländer unter Führung der Philippinen äußerten sich skeptisch. IWF-Präsident Rodrigo de Rato zeigte sich aber zuversichtlich, dass die IWF-Mitglieder die Reform genehmigen werden. 85 Prozent der 184 Mitgliedsstaaten des Währungsfonds müssen zustimmen.

Bundesfinanzminister Steinbrück sagte, die leichte Absenkung des deutschen Anteils am IWF sei keine Preisgabe nationaler Interessen. Es werde aber keine weiteren Vorleistungen geben. Wichtiger sei der nächste Schritte des IWF, bei dem es um eine Überprüfung der Anteile geht. Die dafür angewandte Formel solle einfacher werden, so Steinbrück. Bundesbankpräsident Axel Weber forderte IWF-Präsident Rato auf, ein Konzept über die künftigen Aufgaben vorzulegen. Diese sollten sich nach den Vorstellungen Webers mehr auf die Überwachung der Weltwirtschaft und die Vorbeugung von Krisen als auf die Kreditvergabe und damit die Krisenbewältigung konzentrieren.

Komplette Reform in zwei Jahren

Der Dreiklang von Finanzierung, Verantwortung und Kreditvergabe, der unter den IWF-Mitgliedern derzeit gegeben sei, müsse jedoch erhalten bleiben, so Weber. Die komplette IWF-Reform werde zwei Jahre in Anspruch nehmen und auf der Tagung 2008 auf der Agenda stehen. Sollte der erste Schritt wider Erwarten scheitern, sei dies kein positives Signal für den Reformprozess. Für ein Scheitern gab es jedoch im Lenkungsausschuss des Währungsfonds, der vom britischen Finanzminister Gordon Brown geleitet wird, keine Anhaltspunkte.

Die Herbsttagung hat nach Ansicht Browns auch die Chancen auf einen Durchbruch bei den Welthandelsgesprächen verbessert. "Ich habe in all den Jahren, in denen ich an IWF-Treffen teilgenommen habe, noch keine solche Entschlossenheit gespürt, die Handelsgespräche zu einem Ende zu bringen", sagte Brown in seiner Funktion als Chef des IWF-Lenkungsausschusses.

Der Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO), Pascal Lamy, habe nun die Möglichkeit, die Verhandlungen über einen Abbau von Handelsschranken bis Ende des Jahres abzuschließen. Die auf dem Treffen vertretenen Finanzminister seien nicht zuletzt auch deswegen so an einer Lösung interessiert, weil sie in einem wachsenden Protektionismus eine Gefahr für die Weltwirtschaft sähen.

Die sogenannte Doha-Runde über den Abbau von Handelsschranken stockt schon seit einiger Zeit. Zuletzt waren WTO-Gespräche über eine Liberalisierung des Welthandels im vergangenen Juli im Streit über Agrar-Beihilfen in den USA und der Europäischen Union (EU) gescheitert. Ziel der Verhandlungen ist ein Schub für die Weltwirtschaft und die Befreiung von Millionen Menschen aus der Armut.

Risiken für die Weltwirtschaft

Die Finanzminister der sieben führenden Industrienationen (G7) diskutierten in Singapur auch die weltwirtschaftliche Entwicklung, die sich in einer lang anhaltenden Aufschwungphase befindet. Dem asiatischen Raum wurde eine bemerkenswerte Entwicklung mit zweistelligen Wachstumsraten bescheinigt. Auch die Risiken der Weltwirtschaft - die durch das hohe Handelsdefizit der USA, die Anhäufung von Reserven in Asien und die hohen Einnahmen der Ölländer entstehen - wurden ausgelotet. China erhielt die Aufforderung, den Wechselkurs der Landeswährung flexibler zu gestalten, um seine hohen Überschüsse zu senken.

Japan soll dafür sorgen, dass sich die wirtschaftliche Erholung auch in der Währungsentwicklung niederschlägt. Der Yen hat eine Phase starker Abwertung hinter sich. Dem IWF legten die Industrienationen, die zugleich größte Anteilseigner sind, fundamentale Reformen nahe. Diese seien nötig, um in der veränderten weltweiten Wirtschaft Gültigkeit, Bedeutung und Glaubwürdigkeit zu erlangen. Das Gewicht der einzelnen Länder sollte künftig eher ihrer jeweiligen ökonomischen Bedeutung entsprechen. Die Überwachungsfunktion des IWF solle gestärkt werden, damit die Auswirkungen der Staatsausgaben, Zinsen, Wechselkurse und Bankensysteme einzelner Länder besser erfassbar seien.

Einen weiteren Akzent setzte der neue amerikanische Finanzminister Henry Paulson. Er forderte die Länder und Banken auf, wachsam in Bezug auf die Finanzierung des Iran zu sein. Er rief nicht zu Sanktionen auf, sprach aber von einem Erziehungsprozess. Zuvor hatte der Iran angekündigt, einen Teil seiner Währungsreserven und Öleinnahmen von Dollar in Euro umzuschichten.

© SZ vom 18. September 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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