Wanda Ferragamo:Die Signora aus Florenz

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Wanda Ferragamo, hier bei der Präsentation der Herbstmode 2011 in Mailand. (Foto: Luca Bruno/AP)

Italien trauert um die Schuhkönigin. Ferragamo hat das Unternehmen zu Weltruhm gebracht. Nun starb sie im Alter von 96 Jahren.

Von Thomas Fromm

Was soll man tun, wenn man mit Ende 30 Witwe wird, sechs minderjährige Kinder hat, einen großen Namen und eine Schuhproduktion erbt? Wanda Ferragamo, geborene Miletti, beschloss damals im Jahr 1960, einfach weiterzumachen. Zuerst alleine, später dann mit Hilfe ihrer Kinder. Aus der Florentiner Edel-Manufaktur, die der Ehemann Salvatore aufgebaut hatte, schuf sie im Lauf der Jahre einen internationalen Luxuskonzern, der von Schuhen über Gürtel, Parfüms und Anzüge bis zu Uhren so ziemlich alles machte. "Ich habe nicht über mich nachgedacht, ob ich das schaffe oder nicht", sagte sie später in einem Interview. Sie sei damals losgezogen. Einfach so.

Als sie den "Calzolaio dei sogni", den "Schuhmacher der Träume" (so der Titel seiner Autobiografie) traf, war sie 18, er schon über 40. Da hatte der Schuster - der ebenso aus dem süditalienischen Dorf Bonito stammte wie seine Frau - schon eine lange Reise hinter sich: 1914 ausgewandert nach Boston, von da nach Santa Barbara, Hollywood, schließlich zurück nach Italien, wo die Familie von Florenz aus ihr Modeimperum aufbaute. Im frühen Hollywood entwarf der Designer Schuhe für die Stars jener Jahre, für Douglas Fairbanks, Greta Garbo, Judy Garland und Marlene Dietrich. Später entwarf er die Pumps für Marilyn Monroe und die Ballerinas für Audrey Hepburn. Das Unternehmen wurde auch deshalb zur Legende, weil sie Legenden ausstattete.

Wanda Ferragamo lebte in den ersten Jahren im Schatten ihres Mannes. Eine Unternehmersgattin mit sechs Kindern. Das änderte sich schnell: Aus der Ehefrau wurde la matriarca, die Matriarchin von Florenz. Es gibt Bilder, die zeigen sie Anfang der 80er-Jahre auf dem Dach des familieneigenen Palazzo Spini Feroni. Die Matriarchin in der Mitte auf einem Stuhl, um sie herum die Kinder, im Hintergrund die Kuppel des Doms von Florenz. Signora Ferragamo und Santa Maria del Fiore - besser konnte man diese Frau wohl kaum in Szene setzen.

Heute würde man das, was Wanda Ferragamo nach 1960 auf den Weg brachte, wohl "Expansion" nennen. Knapp 1,5 Milliarden Euro Umsatz, 4 000 Mitarbeiter, Hunderte von Geschäften weltweit. Bis vor Kurzem soll Wanda Ferragamo als Ehrenpräsidentin noch regelmäßig in die Unternehmenszentrale gekommen sein, um Geschäftspartner und Manager zu treffen und sich über die aktuelle Lage in dem Familienunternehmen zu informieren.

Am Freitag ist die "Signora del Lusso", wie sie in italienischen Nachrufen genannt wurde, in Fiesole bei Florenz im Alter von 96 Jahren gestorben. Am Ende hat sie das Unternehmen, das den Namen ihres Mannes trägt, viele Jahre länger geführt als der "Schuhmacher der Träume".

© SZ vom 22.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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