Vorstandsposten:Der Streit eskaliert

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Drei Vorstandsposten sind bei der Bahn derzeit vakant. Eine Personalie ist besonders umstritten: Jürgen Wilder, der den Güterverkehr leiten soll.

Von Markus Balser

Es sollten Tage des Aufbruchs werden. Auf der Großbaustelle bei Rastatt rollen nach dem Tunneleinsturz endlich wieder Züge. Orkan "Xavier" hat sich verzogen. Die meisten Strecken sind wieder befahrbar. Und am Donnerstag kommender Woche wollte die Konzernspitze nun auch noch bei wichtigen Personalien die Signale auf Grün stellen. Mit gleich drei neuen Köpfen soll der Vorstand ausgebaut werden. Doch hinter den Kulissen eskaliert der Streit um die künftige Bahn-Führung.

Vakant sind gerade gleich drei Posten - wichtige noch dazu. Neben dem Führungsposten für Digitales, dem Zukunftsthema schlechthin bei der Bahn, will der Aufsichtsrat auch einen neuen Personalvorstand berufen und einen Vertreter für den angeschlagenen Güterverkehr etablieren. Wochenlang prüfte eine Findungskommission Dutzende Kandidaten, bis der von der Politik gebilligte Vorschlag stand: der 53-Jährige Telekom-Manager Martin Seiler fürs Personal, die Aachener Professorin Sabina Jeschke, 49, für Digitales und der Spartenchef von DB Cargo, Jürgen Wilder, 45, für den Güterverkehr. So geht es aus der Tagesordnung für die Aufsichtsratssitzung hervor. Doch eine Woche vor dem für den Konzern so wichtigen Termin eskaliert der Streit um die Personalien. Nach Angaben aus Konzernkreisen könnte die Sitzung im schlimmsten Fall sogar abgeblasen werden.

Denn während die Kandidaten Seiler und Jeschke als gesetzt gelten, wächst der Widerstand gegen Bahn-Manager Wilder. Die Arbeitnehmerseite wirft ihm Erfolgs- und Konzeptlosigkeit vor. Zuerst wollte er fast 2000 Stellen in der Gütersparte streichen, wenige Monate später plötzlich Personal einstellen und Loks bestellen. Während Aufsichtsratschef Utz-Hellmuth Felcht das neue Trio zusammen in den Vorstand hieven will, lehnen neun von zehn Aufsichtsräten der Arbeitnehmerseite das ab; sie wollen lediglich Jeschke und Seiler nominieren. Weil auch die SPD-Vertreter der bisherigen Bundesregierung noch im Aufsichtsrat sitzen, wackelt die Mehrheit für den Plan des Aufsichtsratschefs. Ministerien, Aufsichtsrat und Konzern wollten die Vorgänge nicht kommentieren.

Damit droht der Bahn erneut eine öffentliche Blamage bei Personalentscheidungen. Erst im Januar hatte Konzernchef Rüdiger Grube im Streit um seine Vertragsverlängerung plötzlich hingeschmissen. Im September platzte eine Sitzung des Aufsichtsrats wegen des aktuellen Streits. Auch ein geheimes Kennenlerntreffen mit den Kandidaten brachte keine Wende. Nun soll am Freitag ein neuer Vermittlungsversuch bei einem Vortreffen von Aufsichtsräten helfen. Doch Insider bleiben skeptisch. Ein Beteiligter sagt: "Wir steuern auf eine echte Konfrontation zu."

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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