Volkswagen:Machtpoker vor Gericht

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Die Großaktionäre Niedersachsen und Porsche verlagern ihren Streit um die Kontrolle bei VW nun in den Gerichtssaal. Es bahnt sich ein zähes Ringen an.

Im Machtpoker bei Volkswagen streiten die beiden Großaktionäre Porsche und das Land Niedersachsen jetzt vor Gericht um die Kontrolle bei dem Autobauer.

Der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) im Landgericht Hannover neben einem Aktenordner zum Verfahren: Land Niedersachsen ./. Porsche. (Foto: Foto: ddp)

Der Prozess begann am Donnerstag vor dem Landgericht in Hannover. Eine Entscheidung der Richter soll am 27. November verkündet werden. Die beiden größten Anteilseigner hatten Klage gegen Beschlüsse der VW-Hauptversammlung im April erhoben, in der sich beide gegenseitig blockiert hatten.

Nach den Erwartungen wird sich das Verfahren voraussichtlich noch länger hinziehen, da die unterlegene Partei in Berufung gehen dürfte.

Es geht im wesentlichen um die 20-Prozent-Sperrminorität in der VW-Satzung, die Niedersachsen mit seinem entsprechend hohen Aktienanteil ein Veto-Recht bei wichtigen Entscheidungen sichert. Im Aktienrecht üblich sind 25 Prozent.

Massiver Kampf gegen die Sonderregelung

Porsche will VW im nächsten Jahr mit 75 Prozent Mehrheit beherrschen und kämpft daher massiv gegen die Sonderregelung. Der Sportwagenbauer hält inzwischen 42,6 Prozent der VW-Anteile und hat sich weitere 31,5 Prozent über Optionen gesichert.

Porsche argumentiert, die Sperrminorität, die 1960 vor Erlass des VW-Gesetzes bei der Privatisierung des Unternehmens in der Satzung verankert wurde, sichere den staatlichen Einfluss bei VW und behindere die Freiheit des Kapitalverkehrs in der EU.

Abweichende Sperrminoritäten im Aktienrecht seien zwar möglich - bei Porsche liegt sie bei einem Drittel - doch müsse dies die Hauptversammlung beschließen. Bei VW habe es einen solchen Beschluss nie gegeben, sondern allein eine staatliche Entscheidung darüber. "Sie haben den Einfluss, den Sie sonst nur mit 25 Prozent hätten - und den haben Sie sich selbst geschaffen", kritisierte einer der Anwälte in der teilweisen heftigen Auseinandersetzung vor Gericht.

Für das Land Niedersachsen sagte Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), das Aktienrecht sei nationales Recht. Abweichungen seien durchaus möglich - es gebe sie ja auch in den Satzungen anderer Unternehmen, wie etwa der Deutsche Telekom. Niedersachsen habe sich eine Sperrminorität im übrigen auch etwa bei Salzgitter gesichert, wo sie bei den üblichen 25 Prozent liege. "Ich halte es für richtig, dass der Staat privatwirtschaftlich handeln kann", sagte Möllring. Ein Aktienkauf sei schließlich keine hoheitliche Handlung.

Das Gericht machte deutlich, es gehe um die Frage, wie weit älteres nationales Recht im Nachhinein abgeändert und angepasst werden müsse an europäische Regelungen, die später hinzugekommen sind. Dabei spielten auch Aspekte des Vertrauensschutzes eine Rolle.

VW-Betriebsrat: "Argumentation des Landes schlüssig"

"Argumentation des Landes schlüssigDer Vorsitzende Richter warf indirekt zugleich die Frage auf, ob es tatsächlich um die Höhe der Sperrminorität gehe. Wenn nicht Niedersachsen, sondern irgendeine andere Gesellschaft - als Beispiel nannte er Gazprom - den Anteil von 20,1 Prozent halten würde, würde Porsche dann ebenso heftig dagegen kämpfen?

Ein Sprecher des VW-Betriebsrates bezeichnete die Argumentation des Landes als schlüssig. Der VW-Betriebsrat teile die Auffassung, dass die 20-Prozent-Sperrminorität erhalten bleiben kann, die auch in der Neufassung des VW-Gesetzes beibehalten wird.

Gegen neuere Bestrebungen in Brüssel, das novellierte VW-Gesetz erneut vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen, will der Betriebsrat weiter vorgehen. VW-Betriebsrat und IG Metall wollten Kommissionspräsident José Manuel Barroso 160.000 Unterschriften aus allen europäischen VW- Standorten vorlegen, kündigte Betriebsratschef Bernd Osterloh in der Braunschweiger Zeitung an. Der VW-Betriebsrat liegt mit Porsche wegen Mitbestimmungsfragen in der künftigen Gesellschaft im Clinch.

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