Volkswagen:Brandbrief vom Chef

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Konzernchef Müller hat seinen Mitarbeitern einen Brief geschrieben. Darin steckt auch eine Mahnung an manche Kollegen. (Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)

Konzernleiter Matthias Müller nimmt die Kollegen ins Gebet - und indirekt auch Ferdinand Piëch, das Chaos zu beenden. Unterdessen wollen 20000 VW-Fahrer ihren Kaufpreis zurück.

Von Max Hägler, München/Wolfsburg

Am Ende waren es vielleicht auch die mahnenden Worte des obersten Chefs, die den Konflikt in Wolfsburg entschärft haben. Zumindest den einen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. "Das Volkswagen, das uns in diesen Tagen in den Medien begegnet, ist nicht das Unternehmen, das ich kenne und das mir am Herzen liegt", schrieb Konzernchef Matthias Müller am Montag an die "lieben Kolleginnen und Kollegen". Es entstehe gerade der fatale und falsche Eindruck, dass es bei VW nur noch gegeneinander gehe und nicht miteinander. Da würden handelnde Personen durch Fehlinformationen bewusst beschädigt, heißt es in dem Brief. Dabei hätten einige dieser Spekulationen "zuletzt mehr mit einem schlechten Filmdrehbuch zu tun als mit der Realität". Das ärgere ihn, denn Volkswagen müsse "vor Schaden geschützt werden, von wem auch immer dieser droht".

Wer dauerhaft nicht gut gelitten ist beim Betriebsrat als Manager, wird irgendwann hinausgemobbt

Eine verklausulierte Mahnung, mit der sicher auch einige Kollegen bei VW angesprochen sind. Etwa Herbert Diess, der gebürtige Münchner, der die Marke VW als Vorstand leitet, also die wichtigste Marke im Mehrmarkenreich Volkswagen, zu dem etwa auch Scania-Lastwagen oder Audi gehören. Und der Betriebsrat, angeführt von Bernd Osterloh, der viel Macht hat in Wolfsburg - und mal wieder Probleme hatte mit Topmanager Diess. Für diesen Montag hatten sie ihn gewissermaßen vorgeladen, forderten, er soll die Verschärfung des aktuellen Sparplans zurücknehmen.

Wer dauerhaft nicht gut gelitten ist beim VW-Betriebsrat als Manager, der wird irgendwann hinausgemobbt aus dem Unternehmen. Bei Diess ist es nahe dran gewesen, als "unsozial" haben sie ihn in diesen Tagen wiederholt bezeichnet, wie schon vor Monaten, und sogar unfein sein Gesäß in die Debatte eingebracht.

Als am Montagvormittag die Protagonisten zusammenkamen, waren die Fronten entsprechend verhärtet. Von "rauem" Umgangston sprachen Beteiligte, und es hieß: "ergebnislos vertagt". Eine Eskalation schien nicht ausgeschlossen, im Sinne von: Diess wirft hin.

Ein paar Stunden später dann hat sich die Lage dann wieder ein wenig entspannt. In der Zwischenzeit war Müllers Warnbrief zu allen durchgedrungen. Und so ging es bei einem zweiten Termin, im Betriebsausschuss von VW, dem neben Osterloh noch ein knappes Dutzend Arbeitnehmervertreter angehören, ruhiger zu. Eineinhalb Stunden saß man zusammen, beide Seiten haben klargemacht, dass sie den sogenannten "Zukunftspakt" für unabdingbar halten, in dem das Einsparen von 23 000 Stellen festgehalten ist, aber auch das Investieren in Roboterautos und Elektrovehikel.

Nun will der Markenvorstand offenbar Zugeständnisse machen

Die Arbeitnehmer fordern, dass dies "sozialverträglich und in geordneten Bahnen" ablaufen solle. Bislang, so ihre Klage, sei das nicht so gewesen.

Nun will Diess offenbar einige Zugeständnisse machen - doch ein paar mehr Leiharbeiter übernehmen etwa. Beschimpft wird er nicht mehr. Zumindest nicht bis zum kommenden Montag. Dann erwarten die Arbeitnehmer "pragmatische Lösungen" für die Konfliktthemen.

Man kann indes davon ausgehen, dass Müllers Warnbrief auch noch einen weiteren Adressaten hatte. Den ehemaligen und vielleicht doch noch aktiven Konzernpatriarchen Ferdinand Piëch. Dessen in diesen Tagen öffentlich gewordenen, aber noch unbewiesenen Vorhaltungen, der Dieselskandal sei den obersten Managern weit früher bekannt gewesen als bislang eingeräumt, verschlimmern das von Volkswagen selbst verursachte Schlamassel. Das könnte nun auch noch teurer werden . Eine von Juristen betriebene Internetplattform erklärte am Montag, 20 000 Klagen eingesammelt zu haben von VW-Fahrern, die einen Wagen mit Schummelsoftware fahren: Allesamt fordern sie jeweils die Erstattung des Kaufpreises.

© SZ vom 14.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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