Viele Hersteller betroffen:Dreck im Dessert

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Verdorbenes Fleisch, Glassplitter im Essen und falsche Angaben auf den Verpackungen - die Lebensmittelkontrolleure haben 2005 zahlreiche Verstöße aufgedeckt.

Silvia Liebrich

Jeder fünfte Betrieb, der Nahrungsmittel verarbeitet oder verkauft, ist bei Routine-Untersuchungen negativ aufgefallen. Das geht aus dem am Montag veröffentlichten Jahresbericht des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hervor.

Das ist ein reichlich steif gefrorener Frosch im Speiseeis. Ein Verbraucher hatte ihn im vergangenen Jahr dem Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart übergeben. (Foto: Foto: dpa)

Damit erhöhte sich der Anteil der beanstandeten Betriebe im Vergleich zum Jahr 2004 leicht. Insgesamt wurden laut BVL bei mehr als einer Million Kontrollen 592 000 Unternehmen unter die Lupe genommen.

BVL-Präsident Christian Grugel zeigte sich mit den Ergebnissen unzufrieden. Er setzt vor allem auf eine verbesserte Selbstkontrolle der Betriebe und räumte zugleich ein, wenig gegen schwarze Schafe unternehmen zu können.

Geänderte Meldepflicht

Als wichtigen Schritt bezeichnete er die geänderte Meldepflicht, nach der nicht mehr nur Verursacher verdorbene Ware melden müssen, sondern auch Betriebe, die solche Lieferungen angeboten bekommen.

Die meisten Verstöße stellte die Behörde wie bereits in den Vorjahren bei Speiseeis und Desserts mit 21,4 Prozent fest. Mindestens jede dritte Probe war durch Keime verunreinigt.

An zweiter Stelle folgen Fleisch, Wild und Geflügel mit 20,2 Prozent. Die beanstandeten Produkte waren häufig verunreinigt oder falsch deklariert, wie etwa Schweinefleisch, das als Wiener Schnitzel deklariert war, obwohl dieses aus Kalbfleisch bestehen muss.

Das größte Aufsehen erregte im vergangenen Jahr der so genannte Gammelfleischskandal. In verschiedenen Kühlhäusern im ganzen Bundesgebiet war verdorbene Ware entdeckt worden.

In einigen Fällen war Gefriergut mit längst abgelaufenem Haltbarkeitsdatum einfach neu etikettiert und wieder in den Handel geschleust worden. Die hygienischen Bedingungen in einigen verarbeitenden Betrieben erwiesen sich als so katastrophal, dass sie sofort geschlossen wurden.

Etwas besser fiel die Bilanz der BVL-Kontrolleure dagegen bei Obst und Gemüse aus. Hier wurden lediglich 10,3 Prozent der untersuchten Proben beanstandet, etwa wegen zu hoher Pestizidbelastung oder Verunreinigungen durch andere giftige Stoffe.

Die unzulässige Spritzmittel-Belastung von Obst und Gemüse, das in erster Linie aus dem Ausland stammte, wurde Ende 2005 auch von Greenpeace angeprangert. In die Kritik gerieten vor allem die Discounter Lidl und Aldi.

Problembeeren

Hier wurden bei Stichproben besonders viele Pestizide in Obst und Gemüse gefunden - mehr als etwa in den Sortimenten von Edeka, Spar oder Tengelmann. Lidl hatte danach nach eigenen Angaben einen spürbaren Umsatzeinbruch erlitten und mit schärferen internen Warenkontrollen reagiert.

Dass die unzulässig hohe Belastung mit Pflanzenschutzmitteln zu den Dauerproblemen der Lebensmittelbranche zählt, wurde am Montag erneut deutlich: In Johannis- und Stachelbeeren aus Supermärkten wurden verbotene Insektengifte gefunden.

Fünf von 19 Proben aus deutschem Anbau hätten nicht erlaubte Spritzmittel enthalten, teilte Greenpeace mit.

Rund 30 Prozent der getesteten Beeren und 15 Prozent der Kirschen aus konventionellem Anbau bewertete Greenpeace als "mangelhaft und nicht empfehlenswert". Bio-Obst sei dagegen einwandfrei gewesen, hieß es weiter.

© SZ vom 18.07.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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