Verteidigungsindustrie:Ende einer absurden Konkurrenz

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Statt zwei rivalisierende Kampfjets herzustellen, planen Airbus und Dassault jetzt ein gemeinsames Flugzeug. Der Nachfolger von Eurofighter und Rafale soll die Dominanz der US-Hersteller auf dem Weltmarkt brechen.

Von Jens Flottau, Berlin

Die beiden Flugzeugbauer Airbus und Dassault wollen gemeinsam ein europäisches Kampflugzeug entwickeln. Darauf einigten sich die beiden Hersteller am Eröffnungstag der Luftfahrtmesse ILA in Berlin. Die Maschine soll nach dem Willen der Industrie ab etwa 2035 fertig sein und die derzeit konkurrierenden Maschinen Rafale (Dassault) und Eurofighter ablösen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatten das Projekt im vergangenen Jahr angestoßen. Nach Jahren sinkender Umsätze und schwindender Bedeutung des Sektors zeichnet sich plötzlich ein Projekt ab, das die militärische Luftfahrt Europas wiederbeleben könnte. "Was wir hauptsächlich brauchen, sind neue Programme", so Dassault-Chef Eric Trappier.

Das Kampfflugzeug soll nach einer langen Entwicklungszeit, wie in der Branche üblich, mit zunächst eingeschränkten Fähigkeiten offenbar bis zu fünf Jahre früher einsatzfähig sein als bislang geplant. Die Entwicklungskosten liegen im deutlich zweistelligen Milliardenbereich, genaue Angaben dazu gibt es noch nicht. Der Jet ist Teil des avisierten Future Combat Air Systems (FCAS), das auch Drohnen, Lenkwaffen und andere Teilbereiche umfassen könnte. "Die ILA war immer eine Plattform, für die Industrie zu werben", so Klaus Richter, Airbus-Vorstand und Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI). Es gebe viele neue Ansprechpartner in der Regierung, die man von den Anliegen überzeugen müsse. Merkel eröffnete die Messe am Mittwoch, am Donnerstag sollten Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihre französische Kollegin Florence Parly auftreten.

Der Nachfolger von Eurofighter und Rafale soll der US-Konkurrenz Paroli bieten

Deutschland und Frankreich haben sich in Grundzügen darauf geeinigt, was das Flugzeug können muss. Allerdings sind laut Dirk Hoke, Chef der Airbus-Verteidigungssparte, noch viele Fragen offen. Das Flugzeug soll defensiv und offensiv, im Verbund, aber auch alleine einsetzbar sein. Noch nicht geklärt ist der Zeitplan für die Entwicklung. Dieser soll bis Mitte 2018 weitgehend definiert sein. Offen ist auch, ob das Flugzeug traditionell mit nur einem Piloten an Bord oder auch unbemannt fliegen können soll. Hoke machte deutlich, dass zumindest in einer ersten Entwicklungsstufe weiterhin ein Pilot an Bord sein soll, dies sei auch politisch gewünscht.

Vor allem französische und deutsche Hersteller buhlen bereits um Aufträge. An der Fertigung der Triebwerke sind etwa der Safran-Konzern und MTU Aero Engines interessiert. Airbus und Dassault diskutieren, wer bei dem Projekt die Führungsrolle übernehmen soll. Trappier machte deutlich, dass sein Unternehmen "eine führende Rolle als ein Architekt" übernehmen wolle. Es gebe eine gute "Verständigung darüber, wer was machen soll". Hoke betonte, die Industrie müsse unbedingt die "Fehler der Vergangenheit vermeiden", als mit dem Eurofighter und der Rafale zwei konkurrierende Jets entwickelt wurden.

Politisch ist die Lage jedoch heikel. Deutschland will im Jahr 2025 etwa 90 Tornados ersetzen. Um den Auftrag bewirbt sich neben dem Eurofighter-Konsortium auch der amerikanische Hersteller Lockheed Martin mit der F-35. Für Hoke wäre die Fortführung der französisch-deutschen Kooperation kaum denkbar, sollte Deutschland sich für das amerikanische Flugzeug entscheiden. Denn der französisch-deutsche Kampfjet wäre das Nachfolgemodell der F-35, des Eurofighters und des Dassault-Produktes Rafale. "Das schließt sich gegenseitig aus", so Hoke.

Angesichts des bevorstehenden Austritts Großbritanniens aus der EU sei die deutsch-französische Zusammenarbeit in der Verteidigung fortan besonders wichtig, sagte Trappier. Die Verbindung mit den Briten könne man aber nicht "in ein paar Tagen kappen", da britische Firmen stark in gemeinsame Projekte eingebunden seien. Zumal bei einem unbemannten Flugzeug wäre britische Expertise gefragt.

Neben dem Kampfflugzeug streben Deutschland und Frankreich auch ein gemeinsames neues Seeaufklärungsflugzeug an. Vertreter der beiden Regierungen wollten auf der ILA eine Absichtserklärung unterzeichnen.

© SZ vom 26.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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