Versicherungsbeiträge:Einfach mal anrufen

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In das Wartezimmer einer Praxis sollten nur geimpfte, genesene oder getestete Patienten dürfen. So wollten es einzelne Ärzte. Doch das änderte sich wieder. (Foto: Ute Grabowsky/imago/photothek)

Viele Versicherer zeigen sich jetzt großzügig und erlauben es, Beiträge zu stunden. Wo sich eine Nachfrage lohnt.

Von Christian Bellmann und Herbert Fromme, Köln

Das knappe Kurzarbeitergeld bei vielen Angestellten, der weggebrochene Zweitjob, die Umsatzeinbußen bei Selbstständigen, Freiberuflern und Kleinunternehmern - die Corona-Krise sorgt auch für große finanzielle Probleme.

Die meisten Kosten fallen aber trotzdem an. Neben Mieten, Strom, Gas und Wasser sind auch die Beiträge für private Versicherungen fällig. Dabei geht es nicht nur um Sachpolicen für Autos oder Hausrat, sondern auch um die vergleichsweise hohen Beiträge für die private Krankenversicherung, für Lebensversicherungen und Betriebsrentenverträge sowie für die Berufsunfähigkeitsversicherung.

Es ist keine gute Idee, einfach nicht zu zahlen. Das kann zum Wegfall des Versicherungsschutzes führen und sehr teuer werden. Besser ist es, den Kontakt mit der Gesellschaft zu suchen, entweder über den Vermittler oder direkt per Telefon, E-Mail oder Online-Formular. Die Versicherer haben ein Interesse daran, ihre Kunden zu halten. Deshalb ist ein Entgegenkommen wahrscheinlich.

Noch haben sich nicht alle hierzu geäußert. Manche Trends zeichnen sich aber ab. In der Kfz-Versicherung gibt es kaum Möglichkeiten, die Zahlung zu verschieben. Dasselbe gilt für Rechtsschutz. In anderen Sparten wie Hausrat kann man erfolgreich über die Stundung verhandeln.

Richtig ins Geld gehen aber andere Verträge wie die private Krankenversicherung. Hier bietet kein Versicherer eine Stundung der Beiträge an. Wohl aber können sich Kunden wie bei der R+V kurzfristig für einen anderen, günstigeren Tarif mit weniger Leistungen oder höherem Selbstbehalt entscheiden. Wenn sie dann später in den bisherigen Tarif zurückwollen, müssen sie die dann eigentlich obligatorische Gesundheitsprüfung nicht über sich ergehen lassen, sagte Vorstandsmitglied Claudia Andersch. "Die Kunden können innerhalb von sechs Monaten ohne erneute Gesundheitsprüfung zurückwechseln."

Neben der privaten Krankenversicherung geht die Altersvorsorge mittels Lebensversicherung ins Geld, sie kostet schnell mehrere Hundert Euro pro Monat. Hier bieten die meisten Versicherer an, die Beiträge auf Antrag zu stunden.

Normalerweise gilt: Wenn Kunden die Zahlung aussetzen wollen, können sie in der Lebensversicherung eine Beitragsfreistellung beantragen. In dieser Zeit besteht in der Regel allerdings kein Versicherungsschutz gegen das Todesfallrisiko. In der aktuellen Krise wollen die Versicherer auf diese Einschränkung verzichten.

Die Allianz bietet ihren Kunden individuell die Stundung an. Das soll "vorübergehend über die in den allgemeinen Versicherungsbedingungen getroffenen Regelungen hinaus länger und formlos" erfolgen, sagte ein Sprecher. Der Versicherer Die Bayerische gewährt in der Lebensversicherung "unbürokratisch einen Zahlungsaufschub von bis zu drei Monaten", der je nach Vertragsart auf bis zu zwölf Monate erweitert werden kann.

Wenn die Kunden die Beiträge später nachzahlen, müssen sie keine Zinsen zahlen

Die Kunden der HDI Lebensversicherung und der HDI Pensionskasse können formlos beantragen, dass ihre Beitragszahlungen ausgesetzt werden. Der Aufschub kann immer zum Monatsersten beginnen und endet spätestens nach sechs Monaten beziehungsweise am 31. Dezember 2020. Die Regelung gilt für alle Verträge der privaten Altersvorsorge und der betrieblichen Altersversorgung und auch für Berufsunfähigkeitsversicherungen. Wenn die Kunden die Beiträge später nachzahlen, müssen sie keine Zinsen zahlen. Das ist bei fast allen Standard.

Die Munich-Re-Tochter Ergo will "unternehmerische, vertriebliche und wirtschaftliche Unterstützung in den verschiedenen Versicherungssparten bieten". Einzelheiten fehlen noch. Die Axa verweist auf das persönliche Gespräch. "Welche Möglichkeiten für den Kunden mit Blick auf individuelle Situation und Erhalt der Absicherung sinnvoll sind, wird im Bedarfsfall durch unsere Hotlines beziehungsweise Berater individuell geklärt", sagte eine Sprecherin. Die Signal Iduna arbeitet nach eigenen Angaben "mit Hochdruck daran, um ihren Privat- und Gewerbekunden in Sachen Beitragszahlung mit entsprechenden Lösungen entgegenzukommen".

Viele Unternehmen wollen Firmenfahrzeuge abmelden. Doch auch die Abmeldung und die erneute Anmeldung sind mit Kosten und Aufwand verbunden. Außerdem sind viele Zulassungsstellen geschlossen oder stehen nur eingeschränkt zur Verfügung.

Die Gothaer will Kleinunternehmen, die ihre Fahrzeuge bei der Gesellschaft versichert haben, unter die Arme greifen und bietet daher eine "unbürokratische Soforthilfe" durch eine beitragsfreie Ruheversicherung. Die Ruheversicherung bieten auch andere. Wichtig: Das Fahrzeug darf nicht an der Straße stehen, weil es dort auch im Ruhezustand einen Schaden verursachen könnte, sondern in einer Garage oder auf einem "umfriedeten Platz". Besitzer von Lieferwagen, Lkws, Sattelzugmaschinen, Bussen sowie Taxen und Mietwagen können das bis zum 30. April 2020 beantragen.

© SZ vom 02.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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