Versicherungen:Teure Helfer

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An der Rückabwicklung der Lebenspolice wollen viele verdienen. Nicht immer ist es aber sinnvoll, darauf spezialisierte Dienstleister einzuschalten, heißt es bei Verbraucherschützern. Die Berater forderten oft ganz schön hohe Summen.

Von Friederike Krieger, Köln

Lebensversicherungskunden, die Hilfe bei der Rückabwicklung ihrer Police benötigen, sollten bei der Wahl ihres Beraters Vorsicht walten lassen. Darauf weist der bei den Verbraucherzentralen angesiedelte Marktwächter Finanzen hin. Es gebe in diesem Bereich viele fragwürdige Dienstleister, die viel Geld von den Kunden verlangten, ihnen aber kaum Mehrwert bringen, warnen die Verbraucherschützer.

Der Hintergrund: Kunden, die zwischen 1995 und 2007 eine Lebensversicherung abgeschlossen haben, können laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2014 dem Vertrag auch Jahre später noch widersprechen und ihn rückabwickeln lassen. Sie werden dann weitgehend so gestellt, als sei der Vertrag nie geschlossen worden. Sie erhalten die verzinsten Prämien zurück, abzüglich der Kosten für einen Todesfall- oder Berufsunfähigkeitsschutz. Die Voraussetzung für die Rückabwicklung ist, dass sie bei Vertragsschluss nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht informiert worden sind.

"Aus unserer Sicht ergibt es keinen Sinn, solche Dienstleister einzuschalten."

Die umstrittenen Dienstleister bieten zunächst eine kostenlose Überprüfung der Widerrufsbelehrung an. Anschließend vermitteln sie dem Kunden einen Anwalt, der den oft nicht zu umgehenden Rechtsstreit mit dem Versicherer um die Rückabwicklung führt. Den Rechtsbeistand müssen die Kunden dabei in der Regel selbst zahlen, sofern sie keine Rechtsschutzversicherung haben. Im Erfolgsfall kassieren die Unternehmen einen Anteil am Mehrwert, der für die Verbraucher erzielt wurde. Dadurch könnten Betroffene im Einzelfall bis zu 50 Prozent der Rückzahlung verlieren, die sie aufgrund des Rechtsstreits erhalten haben, kritisieren die Marktwächter. "Aus unserer Sicht ergibt es keinen Sinn, solche Dienstleister einzuschalten", sagt Sandra Klug, Leiterin des Hamburger Marktwächter-Teams. Kunden können auch direkt einen Anwalt beauftragen oder ihre Verträge durch eine Verbraucherzentrale oder einen Versicherungsberater prüfen lassen.

Die Dienstleister sehen das anders. Die Kunden müssen vor Gericht darlegen, wie viel Geld sie vom Versicherer zurückfordern. Die Anforderungen an die Berechnung dieser Nutzungsentschädigung seien durch mehrere BGH-Urteile enorm gestiegen, erklärt Michael Lotspeich, Vorstand beim Dienstleister Facto, der sich als Marktführer sieht. Eine pauschale Berechnung ist nicht mehr erlaubt. Der Nutzen, den ein Versicherer aus den Prämien des Kunden gezogen hat, muss unternehmensindividuell berechnet werden. Das könne ein einzelner Anwalt nicht leisten. "Allein aus diesem Grund werden Dienstleister wie Facto benötigt und erhalten zu Recht mit vollem Einverständnis des Kunden einen Teil des Mehrwertes, der ohne unsere Dienstleistung überhaupt nicht realisiert werden würde", sagt Lotspeich. Facto verlangt bei erfolgreicher Rückabwicklung 45 Prozent des Mehrwerts. Das ist die Differenz zwischen dem durch die Rückabwicklung erzielten Betrag und dem, was der Kunde bei Vertragskündigung erhalten hätte. Hat der Kunde keine Rechtsschutzpolice und benötigt eine Prozesskostenfinanzierung, sind 50 Prozent fällig.

Es gibt aber auch Unternehmen, die mit weniger hohen Gebühren auskommen. Die Firma Revocat, die das Internetportal Widerruf-Lebensversicherungen.de betreibt, verlangt 20 Prozent des Mehrwerts. Die Interessengemeinschaft Widerruf, die Kunden ebenfalls Hilfe mittels Prüfung und Ermittlung der Ansprüche sowie Anwaltsvermittlung anbietet, verzichtet komplett auf Erfolgshonorare. Das Unternehmen finanziert sich durch Zahlungen von Anwälten und Gutachtern, mit denen es kooperiert. "Der Kunde zahlt uns nichts", erklärt Sprecher Roland Klaus. "Er muss höchstens für den Anwalt aufkommen, wenn er keine Rechtsschutzversicherung hat." Auch Klaus bestätigt, dass die Anforderungen an die Berechnungen stark gestiegen sind. "Deshalb überlegen wir, künftig zumindest eine Pauschale für die gutachterliche Tätigkeit von den Kunden zu verlangen."

© SZ vom 13.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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