Versicherungen:Eine Frage des Rücktritts

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Nach dem Anschlag in Sousse patroulliert die Polizei am Strand. (Foto: Jeff J. Mitchell/Getty Images)

Nur in bestimmten Fällen erstatten Anbieter die Stornokosten für abgesagten Urlaub.

Von A nne-Christin Gröger und Friedericke Krieger, Köln

Der Badeurlaub in Tunesien ist schon seit Monaten gebucht. Doch dann gehen die Bilder vom brutalen Anschlag auf Badegäste im Touristenort Sousse durch die Medien und trüben die Vorfreude auf den Urlaub erheblich. Ängstliche Urlauber, die in einem solchen Fall auf ihre Reiserücktrittsversicherung hoffen, werden enttäuscht. "Angst nach einem Anschlag auf ein Touristenziel sehen die Versicherer nicht als Grund für einen Reiserücktritt an", sagt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Dementsprechend kommen sie auch nicht für die Kosten auf, die Urlaubern entstehen, wenn sie die Reise nicht antreten.

Die meisten Gesellschaften erkennen nur Tod, unerwartete Erkrankung der versicherten Person oder eines nahen Familienangehörigen, Impfunverträglichkeiten oder Elementarschäden am Eigentum durch Hochwasser oder ein anderes Naturereignis als Rücktrittsgrund an.

Aber auch, wenn die Voraussetzungen auf den ersten Blick vorliegen, kann es Streit mit dem Versicherer geben. Darauf weist der Berliner Rechtsanwalt Michael Piepenbrock hin. So hatte ein Mediziner-Ehepaar - sie Zahnärztin, er Orthopäde - eine Südamerika-Reise wegen einer Impfunverträglichkeit stornieren müssen. Vom tropenmedizinischen Institut hatte die Frau erfahren, dass die für die Reise notwendige Gelbfieberimpfung wegen einer Hühnereiweißallergie bei ihr nicht möglich ist. Der Versicherer des Ehepaares weigerte sich, die Stornogebühren von etwa 9000 Euro zu zahlen. Versicherungsschutz bestehe nur bei unerwarteter Impfunverträglichkeit. Die Hühnerweißallergie sei aber bereits seit 2008 bekannt gewesen, so der Anbieter. Das Paar klagte - und bekam in zweiter Instanz Recht. Es könne auch von einem Orthopäden und einer Zahnärztin nicht erwartet werden, zu wissen, dass Gelbfieberimpfstoff allergierelevant ist oder so lange zu recherchieren, bis sie auf den Zusammenhang stoßen, so das Oberlandesgericht Karlsruhe ( Az: 12 U 184/12).

Verbraucher sollten beim Abschluss einer Rücktrittspolice darauf achten, dass auch eine Reiseabbruchversicherung im Paket enthalten ist, rät Verbraucherschützerin Weidenbach. Sie greift, wenn der Urlauber während der Reise schwer erkrankt und nach Hause möchte. Die Voraussetzung der Versicherer: Die Krankheit muss unvorhergesehen auftreten. Chronische Erkrankungen sind in der Regel in den Versicherungsbedingungen ausgeschlossen. Allerdings gibt es auch hier immer wieder Streit mit den Versicherern. "Es gibt regelmäßig Diskussionen, ob eine Erkrankung wirklich der Grund für die Abreise war", sagt Weidenbach. Ihr Tipp: Bevor Urlauber ihre Reise abbrechen, sollten sie ihren Versicherer kontaktieren und mit ihm abklären, ob er für die Stornierung aufkommt.

Allerdings lohnt sich eine Police nicht immer. "Einen Pauschalurlaub für 500 Euro braucht man nicht zu versichern", sagt Weidenbach. Anders könnte für Reisen im Wert von mindestens 1500 Euro oder bei längeren Reisen mit kleinen Kindern gelten. Hier sei es besonders wichtig, ins Kleingedruckte zu schauen. "Die meisten Versicherer bieten eine Deckung bis maximal 10 000 Euro an", sagt sie. "Wer eine teure Weltreise antritt, für den kann das zu wenig sein."

© SZ vom 14.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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