Versicherungen:Einbruch oder Betrug

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Kunden tragen die Beweislast, wenn sie Geld vom Versicherer wollen. Oft hilft nur noch der Gang zum Gericht.

Von Christian Bellmann, Köln

Ein eingerissenes Fliegengitter - mehr Indizien für den Einbruch gab es nicht. Martina Brehme von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg kann sich noch gut an den Fall erinnern, den ihr der Versicherungskunde aus dem Kreis Aalen in Baden-Württemberg schilderte: Während er krank im Bett lag, stiegen Einbrecher durch ein offenes Fenster ein, das nur durch einen Fliegenschutz aus Stoff geschützt war, und erbeuteten Wertsachen und Schmuck im Wert von mehreren Tausend Euro. Als die Diebe ihn im Schlafzimmer bemerkten, flüchteten sie unerkannt.

Der Hausratversicherer wollte den Schaden allerdings nicht zahlen. Die Polizei hatte keine Spuren gefunden, die auf einen Einbruch hindeuteten - außer dem Riss im Fliegenschutz, und daran hätte auch ein Windstoß schuld sein können.

Einige Versicherer sind schneller dabei als andere, wenn es um den Vorwurf des Betrugs nach einer Schadenmeldung geht. Der Kunde hat dann ein großes Problem. Denn grundsätzlich gilt: Er muss nachweisen, dass es sich tatsächlich um einen Versicherungsfall handelt und er nicht betrügt. "Gelingt ihm das nicht, hat er nichts in der Hand, um Geld vom Versicherer zu fordern", sagt Verbraucherschützerin Brehme. Oft ist zunächst völlig unklar, warum der Versicherer nicht zahlen will. "In der Regel teilt die Gesellschaft lediglich mit, dass kein Versicherungsfall vorliegt", berichtet der Hamburger Rechtsanwalt Oliver Meixner, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein. Ein Experte kann aus der Mitteilung des Versicherers herauslesen, dass die abgelehnte Zahlung mit einem Betrugsverdachts zu tun haben könnte.

Es ist wichtig, den Schaden so schnell wie möglich von der Polizei aufnehmen zu lassen

Erster Ansprechpartner in solchen Fällen ist der Versicherungsvertreter oder -makler, bei dem der Kunde die Police abgeschlossen hat. Auch die Verbraucherzentralen und Fachanwälte bieten juristische Hilfe an - die ist im Gegensatz zum eigenen Vermittler aber nicht kostenlos. "Will der Kunde gegen den Versicherer vorgehen, bleibt ihm nichts anderes übrig, als einen Prozess zu führen", sagt Meixner. Um die Klage sollte sich ein spezialisierter Anwalt kümmern. Die Anwaltskosten muss der Kunde allerdings zunächst aus eigener Tasche bezahlen. "Eine Rechtsschutzversicherung kann frühestens dann eingeschaltet werden, wenn der Versicherer die Zahlung ablehnt", sagt Meixner. Nach seiner Erfahrung berufen sich die Versicherer am Ende meistens darauf, dass der Kunde eine seiner vertraglichen Pflichten verletzt oder fahrlässig gehandelt hat.

Korrektes Verhalten im Schadenfall hat großen Einfluss darauf, dass bei der Schadenregulierung alles glatt läuft, sagt Kim Paulsen vom Bund der Versicherten. Nach einem Einbruchdiebstahl sei es wichtig, den Schaden zu dokumentieren, von der Polizei aufnehmen zu lassen und sofort dem Versicherer zu melden. Ebenso kann sich die Suche nach Zeugen auszahlen - sie können für den Ausgang der Schadenregulierung eine entscheidende Rolle spielen.

Auch bei der Erstellung einer sogenannten Stehlgutliste gilt es, Fehler zu vermeiden. Sie soll der Polizei ermöglichen, gezielt nach den gestohlenen Gegenständen zu fahnden, um damit den Schaden zu begrenzen. Der Kunde ist verpflichtet, auch dem Versicherer unverzüglich eine Auflistung der gestohlenen Gegenstände zu schicken. Das soll verhindern, dass der Schaden im Nachhinein aufgeblasen wird. "Die Liste, die der Versicherer erhält, sollte nicht mehr umfassen als die Liste, die zuvor die Polizei erstellt hat", rät Rechtsanwalt Meixner. Sonst sei programmiert, dass der Versicherer misstrauisch wird.

Ist man nicht sicher, wie viel ein gestohlener oder beschädigter Gegenstand ursprünglich gekostet hat und macht daraufhin eine fehlerhafte Angabe, kann der Versicherer das bereits als Betrug auslegen. Gleiches gilt, wenn Kunden fehlende Belege nachfertigen oder Belege einreichen, die gar nicht von den gestohlenen Gegenständen stammen. Auch wenn es umständlich und aufwendig erscheint - Versicherungskunden tun sich einen Gefallen damit, wenn sie im Vorfeld Wertgegenstände dokumentieren und fotografieren und auch die entsprechenden Kaufbelege sammeln.

© SZ vom 13.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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