Versicherung:Land unter

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Hochwasser in Bayern: Im Schadensfall erkennen viele Versicherungen eine normale Wohngebäudeversicherung als Schutz nicht an. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Nur wenige Hausbesitzer sind gegen Unwetter abgesichert. Dabei reichen im Schadensfall normale Policen nicht - auch weil manche Bundesländer ihre Gesetze ändern.

Von Anne-Christin Gröger, Köln

Wenn Werner Baumann auf seinem Balkon sitzt, genießt er einen Ausblick, um den ihn andere beneiden. Der 69-Jährige wohnt im Süden von Dresden direkt an der Elbe. Nur der viel befahrene Elbe-Radweg trennt das Grundstück vom Flussufer. Die Lage hat jedoch einen entscheidenden Nachteil. Bereits dreimal wurde das Grundstück, auf dem das Mehrparteienhaus steht, vom Hochwasser überschwemmt. Bei der Jahrhundertflut 2002 stand das Wasser in der Erdgeschosswohnung 1,85 Meter hoch. Die gerade neu renovierten Räume mussten komplett saniert werden. 2006 und 2013 folgten weitere Fluten. Der Versicherungsgesellschaft Aachen Münchener reichte es. Sie kündigte den Vertrag. Einen neuen Anbieter zu finden, der das riskante Grundstück versichern wollte, war äußerst schwierig. Lange waren Baumann, der seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen will, und seine Nachbarn ohne Schutz.

Das sei nicht ungewöhnlich, sagt Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern. "Wem einmal gekündigt wurde, kann schon Schwierigkeiten haben, einen neuen Anbieter zu finden." Vor allem wenn man wie Baumann in der ersten Reihe direkt am Fluss wohnt.

Mehrere Bundesländer ändern ihre Gesetze und wollen nicht für Schäden aufkommen

Extreme Naturereignisse wie Überschwemmung oder Starkregen sind in den vergangenen Jahren häufiger geworden. Das Jahr 2016 war besonders schlimm. Im Frühsommer wüteten mehrere Unwetter und setzten vor allem Gebiete in Bayern und Baden-Württemberg unter Wasser. Was viele nicht wissen: Schäden durch vollgelaufene Keller, überschwemmte Wohnungen oder eingedrückte Fenster sind in einer normalen Wohngebäudeversicherung nicht abgesichert, sondern müssen über eine Elementarschadenpolice extra geschützt werden.

In Deutschland haben noch relativ wenige Gebäude eine solche Deckung. Nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft sind es deutschlandweit 40 Prozent, in Bayern haben nur 30 Prozent der Hausbesitzer eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen. Das kann fatal sein, denn im Ernstfall stehen sie ohne Versicherungsschutz da. In der Vergangenheit ist deshalb immer wieder der Staat mit Steuermitteln eingesprungen, wenn Menschen nach einem schweren Unwetter vor dem finanziellen Ruin standen. Diese Entwicklung missfällt der Politik immer mehr, und sie versucht, mit Aufklärungskampagnen und erhöhtem Druck Hausbesitzer zur privaten Vorsorge zu motivieren.

Einige Bundesländer haben deswegen einen Entschluss gefasst: Wer sich nicht versichert, sei es aus Unwissenheit, Sparsamkeit oder fehlendem Risikobewusstsein, darf künftig nicht mehr automatisch damit rechnen, dass ihm der Staat mit Steuermitteln hilft, so ein Beschluss der Ministerpräsidenten. Die bayerische Landesregierung ist vorgeprescht und hat als erstes Land einen konkreten Umsetzungstermin genannt: Zum 1. Juli 2019 will sie Hochwasseropfern nur noch dann Soforthilfen zahlen, wenn für das betroffene Gebäude kein Versicherungsschutz zu bekommen war.

Andere Länder wie Sachsen oder Nordrhein-Westfalen gehen nicht ganz so strikt vor. NRW hat angekündigt, auch darauf zu achten, ob der Kauf einer Versicherung für den Kunden wirtschaftlich machbar war, und Sachsen will nach Situation entscheiden. "Im Fall eines Schadensereignisses ist zunächst eine Entscheidung des Kabinetts herbeizuführen, bevor die genannten Regelungen greifen", sagt ein Regierungssprecher.

In Bayern haben die Aktionen der Landesregierung immerhin dazu geführt, dass Menschen beim Neuabschluss einer Wohngebäudeversicherung auch nach einer Elementardeckung fragen, sagt eine Sprecherin der Versicherungskammer Bayern, die einen großen Teil der Gebäude im Freistaat versichert. "Mittlerweile schließt rund die Hälfte unserer Kunden beim Erwerb einer neuen Wohngebäudeversicherung den Elementarschutz mit ein."

Verbraucherschützer Straub ist ohnehin skeptisch, wie streng die Länder ihre gemachten Vorgaben einhalten werden, wenn es erst einmal wieder soweit ist. "Wir begrüßen zwar die Initiative, dass Menschen privat vorsorgen, messen aber den Hochwasserrichtlinien der Länder nicht allzu große Bedeutung zu", sagt er. "Wenn der politische Druck nach einem Unwetter entsprechend hoch ist, kann da noch viel kippen."

Werner Baumann wird nicht von der Entscheidung der sächsischen Landesregierung abhängig sein. Er hat am Ende doch noch ein Angebot von einer Versicherung erhalten.

© SZ vom 03.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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