Verpackungsregister:Gegen Trickser und Trittbrettfahrer

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Eine neue Behörde soll die Entsorgung von Plastikmüll kontrollieren. Doch wer kontrolliert hier wen?

Von Michael Kläsgen

Mit dem Einstieg Lidls ins Müllgeschäft ist eine Personalie verbunden, die in der Branche Aufsehen erregt. Der Sohn jenes ehemaligen Ministerialrats im Bundesumweltministerium, Thomas Rummler, der das duale System seit 1991 maßgeblich mit ersonnen und weiterentwickelt hat, geht zu Lidl. Mirko Rummler wechselt zu Greencycle, der neu gegründeten Tochter der Schwarz-Gruppe, in der die neuen Müllaktivitäten der Lidl-Muttergesellschaft gebündelt werden: die Entsorgung und der Betrieb des dualen Systems von Lidl.

Mirko Rummler war bisher etwa ein Jahrzehnt Leiter der Rechtsabteilung der Kölner Reclay-Gruppe, einem von derzeit neun Betreibern von dualen Systemen. Diese sind im Wesentlichen dazu da, das Recyceln von Müll zu organisieren. Zumindest als Rummler junior bei Reclay anfing, soll die Firma nicht ganz unumstritten gewesen sein. In der Branche wird viel getrickst. Nicht immer stimmen etwa die angegebenen Mengen lizenzierten Plastikmülls mit den tatsächlich eingenommenen Lizenzgebühren überein.

Vater Thomas Rummler wiederum, den viele auch den Vater des dualen Systems nennen, ist zwar seit Februar dieses Jahres pensioniert, arbeitet nun aber als Berater der neu geschaffenen Zentralen Stelle Verpackungsregister. Diese Stelle wurde im Zuge des von 2019 an geltenden Verpackungsgesetzes geschaffen. Das neue Gesetz hat Rummler nach neun Novellierungen der Verpackungsverordnung maßgeblich mit auf den Weg gebracht. Hat die Personalie ein Geschmäckle?

Nicht nur Rummler senior sagt nein, selbst Lidl-Konkurrent Aldi Süd winkt ab. Die Expertise in Sachen dualer Systeme sei auf so wenige Köpfe verteilt, heißt es, dass dies in Ordnung gehe. Thomas Fischer hingegen, Leiter Kreislaufwirtschaft der Deutschen Umwelthilfe (DUH), sieht ein Problem. Es drohe "ein Filz von Verpackungsherstellern, Händlern und Entsorgern", sagt er. Das Angebot, einen Sitz im Beirat der Stelle zu besetzen, lehnten die Umweltschützer ab. Der Grund: Die Stelle ist eine "beliehene Behörde". Sie soll "hoheitliche", also staatliche Aufgaben wahrnehmen, ist aber kein Amt. In der Zentralen Stelle hätten überwiegend Vertreter der Privatwirtschaft das Sagen, so die DUH - was Rummler senior bestreitet.

Die Stifter sind unter anderem die Ernährungsindustrie und der deutsche Einzelhandelsverband. Den Vorstand des Kuratoriums stellt der Hersteller Procter&Gamble, der Stellvertreter kommt von Edeka. Den Verwaltungsrat leitet ein Vertreter von Rewe. Fischer sagt, das sei so, als bitte man suchtgefährdete Autofahrer, ihren Alkoholkonsum zu kontrollieren. Die Befürworter der Einrichtung sagen, das letzte Wort hätten mit dem Umweltbundesamt, dem Rechnungshof und dem Kartellamt Bundesbehörden.

Ein Ziel der Stelle soll es sein, Trittbrettfahrer auszuschließen. Manche Hersteller und Händler zahlen nämlich keine Lizenzgebühr für die Verpackungen, die sie in den Verkehr bringen, verursachen aber hohe Kosten für das Sammeln, Abtransportieren und Sortieren dieses Mülls. Ärgerlich für die Systembetreiber, die die Kosten je nach Marktanteil tragen und diesen deswegen kleinrechnen. Sie versuchen auch mit allerlei Mitteln, Hersteller und Händler mit günstigeren Lizenzgebühren als die Konkurrenz zu ködern. "Die Zentrale Stelle soll es den schwarzen Schafen in der Branche unmöglich machen, weiter auf Kosten anderer zu leben", kündigt Gunda Rachut, Vorstandsvorsitzende der Zentralen Stelle an. Nur: Kann die Selbstkontrolle noch funktionieren, wenn Händler wie Lidl demnächst selber duale Systeme betreiben?

© SZ vom 23.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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