Verlustverrechnung:Eichels Milliarden-Risiko

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Die Regierung will Konzernen die Verlustverrechnung erschweren. Doch die Bosse drohen mit Krach.

Ulrich Schäfer

Die Herren der Wirtschaft waren entsetzt. Ob die Steuerreform tatsächlich kommt? Ziemlich ungewiss. Dass sie mehr Geld an den Fiskus abdrücken, und nicht weniger? Wahrscheinlich.

Der Chef des Chemieriesen BASF schimpfte "über den Gang der Dinge" in der Hauptstadt. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages drohte, wenn die Wirtschaft belastet werde, "dann gibt es Krach".

1997 war das, der Bundesfinanzminister hieß Theo Waigel. Er hatte eine Steuerreform versprochen, die er eigentlich nicht bezahlen konnte: Denn kurz zuvor hatten die Steuerschätzer hatten vorgerechnet, dass in seinem Etat ein Loch von 18 Milliarden Mark klafft.

Schwieriger Sommer des Theo Waigel

Sieben Jahre später erinnert manches an den schwierigen Sommer des Theo Waigel. Auch Hans Eichel muss die Steuern senken, der Kanzler fordert es, und nebenbei sollen die Kommunen frisches Geld bekommen.

Doch woher nehmen? Hans Eichel weiß es nicht. Und so will der Finanzminister nun genau jenes Vorhaben anpacken, mit dem schon Theo Waigel gescheitert ist: Er will den Konzernen teilweise verbieten, ihre Milliardenverluste aus vergangenen Jahren Laune mit den Gewinnen der Gegenwart zu verrechnen und so die Steuerlast zu drücken.

Es geht um eine gewaltige Summe: Ein Minus von 250 Milliarden Euro haben die Unternehmen in ihren Bilanzen stehen. Jahr für Jahr werden diese Verluste "vorgetragen", wie es im Jargon der Experten heißt - und dann, wenn die Unternehmen schwarze Zahlen schreiben, mit den Gewinnen verrechnet. Die Altlasten verschaffen den Firmen nachträglich Entlastung.

Für Eichel jedoch heißt dies, dass er selbst in Boomjahren nicht die erhofften Milliarden einnimmt, die er so dringend braucht. Genau dieses Risiko will die Regierung nun entschärfen.

Versteckt in Korb "zwei" unter Punkt 5

Versteckt ist das Vorhaben in jenem "Korb zwei", auf den sich im Frühjahr der Vermittlungsausschuss geeinigt hat. Unter Punkt 5 hatten die Ministerpräsidenten Peer Steinbrück (SPD) aus Nordrhein-Westfalen und Roland Koch (CDU) aus Hessen die "Neugestaltung des geltenden Verlustverrechnungsystems" angeregt, dies sei "zur Stabilisierung des Steueraufkommens erforderlich".

Es war eigentlich nur ein Prüfauftrag, doch Eichel nimmt ihn Ernst, sehr Ernst. Die Mehreinnahmen, im ersten Jahr 660 Millionen Euro, hat er bereits im Etat 2004 eingeplant; Länder und Kommunen bekämen genauso viel.

Dennoch ist unklar, ob er damit durchkommt. Im Frühjahr hatte die Union das Vorhaben bereits einmal gestoppt, auch jetzt kündigen die Christdemokraten vorsorglich Widerstand an: "Dann würden noch mehr Betriebe in die Pleite getrieben", warnt der CSU-Mittelstandspolitiker Hans Michelbach.

Auch die Lobbyisten vom Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) schlagen Alarm. Natürlich sei es zu begrüßen, dass die Regierung sich bei der Reform der Gewerbesteuer auf die Wirtschaft zubewege - und nun nicht mehr gewinnunabhängige Elemente besteuern will, sagen die Steuerexperten des Verbandes.

Aber dass Eichel zugleich die Verlustvorträge einschränken will, halten die BDI-Vertretern für eine "rein haushalterische Sicht."

Vorgeschmack auf Protest

Es ist nur ein Vorgeschmack auf den Protest, der am 13. August droht, wenn das Kabinett über Steuerreform und Gewerbesteuer berät: "Die Messlatte für die Steuerentscheidungen", warnt BDI-Präsident Michael Rogowski, "ist Wachstum und Beschäftigung." Ansonsten gibt es Krach.

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