Verbot unterlaufen:Juristischer Winkelzug machte Lokführerstreik möglich

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Die Lokführergewerkschaft GDL hätte durchaus absehen können, dass ihr für Dienstag geplanter Warnstreik gerichtlich verboten würde. Um den Streik dennoch weitgehend durchführen zu können, unterlief sie den Gerichtsentscheid auf offenbar ganz legale Weise: Sie erschien einfach nicht zum Kammertermin.

Klaus Ott

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat ihren zweiten bundesweiten Warnstreik am Dienstag 45 Minuten früher als geplant abgebrochen.

Das Arbeitsgericht Mainz hatte den Arbeitskampf zuvor auf Antrag der Deutschen Bahn (DB) für unzulässig erklärt, weil er gegen die Friedenspflicht verstoße.

Um trotzdem wie geplant ab 8 Uhr mit dem Streik beginnen zu können, hatte die GDL die Gerichtsentscheidung auf offenbar ganz legale Weise unterlaufen. Die Gewerkschaft war einfach nicht zur mündlichen Anhörung erschienen.

Drei Stunden lang hatten GDL-Chef Manfred Schell und seine Leute am Dienstagvormittag die Bahn zum Stillstand bringen wollen, um höhere Löhne für die Lokführer und Schaffner durchzusetzen, inklusive eines eigenen Tarifvertrags für das Zugpersonal.

Anweisung an die Landesverbände

Nach Zweieinviertel Stunden war aber Schluss. Die GDL-Zentrale in Frankfurt am Main wies die Landesverbände um 10.15 Uhr an, den Arbeitskampf einzustellen. Man stelle sich darauf ein, dass die Entscheidung des Mainzer Arbeitsgericht bald vorliege, in der ein Streikverbot verfügt worden war.

Die GDL betrachtete ihre Aktion trotzdem als Erfolg. Die Streikmeldungen aus den Landesverbänden seien vielversprechend: "Berlin stand still, München, Frankfurt am Main und Stuttgart ebenfalls."

In München hatte Bayerns GDL-Chef Uwe Böhm noch kurz vor 10 Uhr erklärt, die Bahn werde nach wie vor bestreikt, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Entscheidung des Arbeitsgerichtes Mainz schon öffentlich bekannt war. "Uns ist das aber bisher noch nicht zugestellt worden", sagte Böhm.

Mündliche Anhörung um 7.15 Uhr

Die GDL hätte zu diesem Zeitpunkt von dem Streikverbot freilich schon längst wissen können. Dazu hätte sich Gewerkschaftschef Schell mit seinen Juristen nur rechtzeitig - als die Züge noch fuhren - von Frankfurt nach Mainz zur mündlichen Anhörung des Arbeitsgerichts um 7.15 begeben müssen.

Anschließend wäre dann den GDL-Funktionären die Entscheidung des Arbeitsgerichts vor Ort gleich mitgeteilt worden, wahrscheinlich noch vor 8 Uhr. Das Risiko, die Aktion von vornherein abbrechen zu müssen, wollte die GDL aber offenbar nicht eingehen. Weder Schell noch andere Gewerkschaftsvertreter erschienen in Mainz.

Die GDL konnte sich anschließend darauf hinausreden, dass ihr der Beschluss des Arbeitsgerichts noch nicht vorliege. Bis solch eine Verfügung zu Papier gebracht und zugestellt ist, dauert es eben seine Zeit. Für die GDL war das wertvolle Zeit, sie startete den Streik. Für Bahnchef Hartmut Mehdorn, der das verhindern wollte, war es verlorene Zeit.

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