Venezuela: Firmen unter Druck:Nicht gespurt - und zwangsenteignet

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Eine Supermarktkette zieht den Ärger von Venezuelas Präsident Hugo Chávez auf sich. Wegen angeblicher Preisspekulationen wird Exito nun zwangsenteignet.

Wenn irgendetwas im Land nicht so läuft, wie er möchte, dann greift El Presidente durch. Den Zorn von Venezuelas Staatspräsident Hugo Chavez bekommen vor allem ausländische Großkonzerne zu spüren. Häufig verwendetes Stilmittel sind Enteignungs-Drohungen, die der Präsident vorzugsweise in seiner wöchentlichen Fernsehsendung "Aló, Presidente" kundtut.

Die Supermarktkette Exito zieht den Ärger von Venezuelas Präsident Hugo Chávez auf sich. (Foto: Foto: Reuters)

Dieses Mal trifft es Exito, eine Supermarktkette, die sich mehrheitlich im Besitz des französischen Casino-Konzerns befindet. Wegen "zahlreicher Verletzungen der Gesetze" werde Exito künftig der Republik Venezuela gehören, kündigte Chavez an. Er habe eine Untersuchung angeordnet und warte nun, dass das neue Gesetz gegen Preisspekulation bald verabschiedet werde, um Exito enteignen zu können. Von dem französischen Mehrheitseigner Casino war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Zuletzt hatte Chávez die Landeswährung Bolivár abgewertet und danach den Einzelhandel vor Preiserhöhungen gewarnt. "Plünderern des Volkes", so der wortgewaltige Präsident, drohe die Enteignung ihrer Läden.

Ärger mit Coca-Cola, Nestlé und Hilton

Seit Abwertung der Währung am 8. Januar gilt in Venezuela ein System mit zwei Wechselkursen: Für Grundversorgungsmittel wurde der Wechselkurs auf 2,60 Bolívar je Dollar herabgestuft, für andere Güter auf 4,30 Bolivár. Präsident Chávez ließ bereits mehr als 600 Geschäfte wegen Preiserhöhungen vorübergehend schließen. Die Inhaber müssen zudem Geldstrafen zahlen.

Wirtschaftsexperten warnen, dass durch die neuen Wechselkurse die Inflation in Venezuela weiter ansteigen wird. Im vergangenen Jahr lag die Teuerungsrate bereits bei 25 Prozent. Kritiker des Präsidenten werfen Chávez zudem vor, durch den Schritt vor den Wahlen im September die öffentlichen Ausgaben aufblähen zu wollen.

Exito ist nicht der erste Konzern, der von Chávez gerügt wird. Vor knapp einem Jahr traf es die Lebensmittelkonzerne Nestlé und Parmalat, denen der Präsident vorwarf, für die Milch-Knappheit in Venezuela verantwortlich zu sein. Den US-Unternehmen Cargill beschuldigte er, sich den staatlichen Preiskontrollen zu entziehen und drohte damit, eine Reisfabrik zu beschlagnahmen. Nicht zuletzt traf es auch den Coca-Cola-Konzern, den Chávez von einem Parkplatz in der Hauptstadt Caracas verjagen wollte. Und im Oktober verstaatlichte der Präsident ein Hilton-Hotel auf der zu Venezuela gehörenden Karibik-Insel Margarita.

Seinen Feldzug gegen den Kapitalismus stoppte Chávez nicht einmal an Weihnachten. Im Staatsfernsehen forderte er die Bevölkerung auf, den Kindern an Heiligabend mit Geschichten über den Nationalhelden Simon Bolivar zu erfreuen - und auf Geschenke zu verzichten.

© sueddeutsche.de/AFP/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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