US-Sanktionen:Gebremster Zahlungsverkehr

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Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: Stefan Dimitrov)

Die US-Sanktionen gegen Iran erschweren den Handel mit der Islamischen Republik. Doch es gibt noch mehr Widrigkeiten für deutsche Firmen.

Von Norbert Hofmann

Ostbayern ist eine Region, in der Exporte eine ganz besondere Bedeutung haben. Kein Wunder ist es da, dass sich vor gut zwei Jahren immer häufiger Reisedelegationen von Unternehmern auf den Weg nach Teheran machten. Gerade hatten die USA und Europa das Atomabkommen mit Iran unterzeichnet und Sanktionen außer Kraft gesetzt. Im Gegenzug wollte sich die Islamische Republik für den Handel mit dem Westen öffnen. Doch nun schieben die USA mit dem Ausstieg aus dem Atomvertrag wieder einen Riegel vor. "Die Unternehmen sind wie vor den Kopf gestoßen und planen, ihr Iran-Geschäft gegen null zu fahren", sagt Markus Huber vom Fachbereich International der IHK Regensburg für Oberpfalz/Kelheim.

Firmen ohne US-Geschäft könnten mit Iran handeln, sie finden aber keine Bank

Immerhin 119 Firmen des IHK-Bezirks pflegen Geschäftsbeziehungen zu Iran. Ein Großteil tut es über Exporte, zwölf von ihnen unterhalten Niederlassungen oder Büros. Nun stehen sie vor einer Menge offener Fragen. Drohen Vertragsstrafen, wenn sie Vereinbarungen jetzt nicht mehr erfüllen? Bricht ihnen Geschäft in den Vereinigten Staaten weg, weil Firmen mit Iran-Handel dort geächtet werden? "Die USA sind der wichtigste Absatzmarkt für die Unternehmen in unserer Region", sagt Huber. Da bleibe keine große Wahl. Man verzichtet lieber auf die vergleichsweise kleinen Iranausfuhren. Wie rigoros die Restriktionen sein können, erfahren Mitarbeiter bayerischer Exporteure. "Wer den Stempel zum Iranaufenthalt im Pass hat, kann schnell einmal Probleme bei der Einreise von Europa in die USA bekommen", sagt Huber.

Firmen ohne US-Geschäft könnten den Handel mit Iran eigentlich ohne Furcht weitertreiben, da Europa nach wie vor zu dem Atomabkommen steht. Doch es finden sich kaum noch Banken, die sie begleiten. Denn die Geldhäuser fürchten ihrerseits US-Sanktionen. Selbst einzelne Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken oder österreichische Geldhäuser, die bisher halfen, ziehen sich jetzt zurück. Auch neue Anbieter, die in die Lücke stoßen wollen, stehen vor Fragezeichen. Die private Middle East Bank mit Hauptsitz in Teheran baut ihre geplante Niederlassung in München zwar weiter auf und will noch in diesem Jahr starten. Die Bafin-Erlaubnis und den Eintrag ins Lizenzregister hat sie gerade erhalten. Nun muss das Institut noch die Mitgliedschaft bei Swift, dem elektronischen Informationsnetzwerk internationaler Banken, beantragen. Ohne das läuft im internationalen Zahlungsverkehr kaum etwas. Schwierig genug wird es ohnehin, "Art und Volumen unseres Geschäfts wird anders sein als ursprünglich geplant", räumt Werner Lang, Leiter der in Gründung befindlichen Niederlassung ein. Mit Versprechen gegenüber potenziellen Kunden halte man sich derzeit noch zurück.

Bleibt die Hoffnung auf Hilfe von der Politik. "Auf europäischer Ebene wird intensiv über Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung des Zahlungsverkehrs nachgedacht", sagt Dagmar von Bohnstein, Delegierte der Deutschen Wirtschaft in Iran. Lösungen liegen noch nicht auf dem Tisch. Eine Möglichkeit wäre es, die Bundesbank - am besten im Gleichschritt mit anderen europäischen Notenbanken - mit der Abwicklung von Überweisungen zu beauftragen. Die Bundesregierung aber zögert. Denn die USA könnten auch die Bundesbank quasi lahmlegen, indem sie ihr den Zutritt zu ihren Kapitalmärkten verwehren oder handelnde Personen in Haftung nehmen.

Der Verzicht der Europäisch-Iranischen Handelsbank (EIHB) auf einen Bargeldtransfer von 300 Millionen Euro nach Iran, zeigt, wie ernst die Lage ist. Wie die SZ am Mittwoch berichtete, wird das im iranischen Staatsbesitz befindliche Hamburger Geldhaus derzeit einer Prüfung der Finanzaufsicht Bafin unterzogen.

Auch die Idee, die von den 28 EU-Ländern getragene Europäische Investitionsbank (EIB) einzubinden, wurde wieder verworfen. Denn das Institut refinanziert sich vollständig am Kapitalmarkt und wäre damit bis hin zur Gefährdung der eigenen Existenz von US-Sanktionen betroffen. Neben der Suche nach Lösungen für den Zahlungsverkehr hat die EU am 7. August nun auch ein altes Blockadestatut wieder in Kraft gesetzt. Theoretisch könnten damit Firmen, die wegen der US-Sanktionen ihr Irangeschäft aufgeben, von der EU mit Strafe bedroht werden. Andererseits stellt die Verordnung Schadenersatz in Aussicht, wenn europäische Firmen von exterritorialen Sanktionen betroffen sind. Doch beides ist rechtliches Neuland und niemand weiß, wer die Entschädigung bezahlen soll. Das Statut gilt deshalb lediglich als politisches Signal.

Die aktuellen Herausforderungen für deutsche Firmen erlebt Dagmar von Bohnstein in Teheran aus nächster Nähe. Einige haben staatliche Aufträge erhalten, die sie nicht aufgeben wollen. Andere haben in Solaranlagen investiert und beziehen nun über mehrere Jahre Einspeisevergütungen. "Da kann man nicht so einfach die Brücken abbrechen", sagt die Delegierte der Deutschen Wirtschaft. Schätzungsweise zwei Drittel der in Iran präsenten deutschen Firmen hätten sich zurückgezogen. Andere bleiben erst einmal hier. Auch weil sie wissen, dass eine Rückkehr nach Iran nur schwer möglich ist, sobald die Brücken einmal abgebrochen sind.

Deutsche Unternehmen hätten einiges in dem Land bewegen können

Allen voran die Maschinenbauer hätten eine wichtige Rolle bei der Restrukturierung der veralteten Industrie spielen können. Sie sind aber nicht nur mit Trumps forcierten Widrigkeiten konfrontiert. Eine verkrustete Bürokratie, so Bohnstein, gehöre dazu ebenso wie staatliche Regulierungen, die sich häufig änderten und die Planbarkeit extrem erschwerten. Hinzu kommt der starke Kursverfall der Landeswährung Rial. Im April hatte die iranische Regierung einen festen Wechselkurs zum Dollar eingeführt, um ihn zu stoppen. Diese Bindung wurde nun Anfang August teilweise aufgehoben und der freie Marktkurs wieder zugelassen. "Damit haben aber gleichzeitig die Guthaben vieler deutscher Unternehmen an Wert verloren", sagt Bohnstein. Ob sich staatliche Regelungen zum Ausgleich solcher Verluste finden werden, sei derzeit noch offen.

Der Unmut der Bevölkerung wächst angesichts hoher Inflationsraten und der wirtschaftlichen Misere. Wasserknappheit und die Umweltverschmutzung treiben die Menschen zum Protest auf die Straße. Deutsche Technologie hätte einiges zur Beseitigung solcher Mängel beitragen können. Nun aber könnten die gegenüber einer Öffnung skeptischen Revolutionsgarden noch mehr politisches Gewicht gewinnen. Und demokratische und ethische Defizite könnten eher wachsen als schwinden.

© SZ vom 06.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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