US-Rettungspaket:Nichtwissen macht Angst

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Amerikas neuer Finanzminister Timothy Geithner hat seinem Präsidenten Barack Obama nun schon zum zweiten Mal einen Dämpfer verpasst.

Nikolaus Piper

Amerikas neuer Finanzminister Timothy Geithner hat seinem Präsidenten Barack Obama nun schon zum zweiten Mal einen Dämpfer verpasst. Der erste war seine Steueraffäre - der nominierte Minister musste während des Ernennungsverfahrens einräumen, früher als Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds zu wenig an das amerikanische

Eine Rede als riskante Wette auf das Vertrauen der amerikanischen und internationalen Öffentlichkeit (Foto: Foto: AFP)

Finanzamt abgeführt zu haben, dem er heute vorsteht. Der zweite Dämpfer kam am vergangenen Dienstag, nachdem Geithner sein ehrgeiziges Bankenpaket vorgestellt hatte.

Weil der Minister viele entscheidende Details in dem Plan ausließ, brachen die Kurse an der Wall Street um fast fünf Prozent ein. Es war der stärkste Rückgang der Börse, seit Obama am 20. Januar ins Weiße Haus eingezogen ist, und man kann dies durchaus als Misstrauensvotum werten.

Anspruchsvoller und umfassender Plan

Während Geithners Steuerlapsus dumm und vermeidbar war, ist sein Umgang mit dem Bankenpaket nicht so eindeutig zu bewerten. Um das Positive vorwegzunehmen: Der Finanzminister hat einen überaus anspruchsvollen und umfassenden Plan entworfen mit dem klaren Ziel, die amerikanische Wirtschaft aus ihrer Schockstarre zu befreien und den Kreditfluss wieder in Gang zu setzen. Er baute einige neue Ideen in den Plan ein und bekannte sich zu einem "beispiellosen" Niveau internationaler Zusammenarbeit bei der Bewältigung der Krise, Letzteres eine beruhigende Nachricht für die Europäer.

Es ist auch nachvollziehbar, warum Geithner mit seinem Plan zwar an die Öffentlichkeit ging, wichtige Details jedoch offenließ: Er wollte nicht wie sein Vorgänger Henry Paulson dastehen, der hinter der Krise herrannte und seine Pläne im Lichte der Öffentlichkeit laufend ändern musste, was im vergangenen Herbst immer wieder für Verunsicherung gesorgt hatte.

Und der Minister musste klarmachen, dass sein Bankenpaket und das Konjunkturprogramm, das der Senat am Dienstag beschloss, zusammengehören. Die 900 Milliarden Zusatznachfrage bleiben wirkungslos, wenn die Banken nicht mehr Kredite geben, die Stabilisierung der Banken hilft nicht viel, wenn der Jobabbau in unvermindertem Tempo weitergeht. Für beide Pakete muss die Regierung politische Mehrheiten finden.

Geithners großangekündigte Rede vom Dienstag lässt sich daher als riskante Wette auf das Vertrauen der amerikanischen und internationalen Öffentlichkeit deuten. Das Misstrauensvotum der Finanzmärkte ist erst einmal nur ein vorläufiges, das Problem ist nur, dass Enttäuschung in einer Situation wie dieser sich schnell selbst bestätigen kann. Die Lage bleibt daher extrem gefährlich.

Halbprivate Bad Bank

Geithner muss Fragen umgehend beantworten. Zum Beispiel: Wie genau will er privates Kapital für die Reinigung der Bankbilanzen von faulen Krediten mobilisieren? Seine halbprivate Bad Bank (er nennt sie vornehm: öffentlich-privater Investmentfonds) ist eine faszinierende Idee, weil dabei die Märkte die schwierige Aufgabe der Bewertung der fraglichen Papiere übernehmen könnten. Aber so lange man nicht weiß, welche Risiken der Staat dabei übernimmt, ist es nur dies: eine gute, aber unverbindliche Idee.

Offen ist auch noch, wie die Regierung Hausbesitzern helfen will, die ihre Hypotheken nicht mehr bedienen können und daher von der Zwangsversteigerung ihres Eigentums bedroht sind. Diese Hilfe wird mit darüber entscheiden, ob es gelingt, die Amerikaner hinter der Krisenpolitik des Präsidenten zu vereinen, von ihr hängt auch ab, wie weit der Fall der Immobilienpreise in den Vereinigten Staaten noch geht und wie viel an Abschreibungen die Banken damit noch werden verkraften müssen.

Obama hat im Wahlkampf gezeigt, dass er mit Rückschlägen umgehen und Mehrheiten für sich und seine Ziele mobilisieren kann. Dieses Talent ist heute wichtiger denn je. Vermutlich entscheidet sich in diesen Wochen, ob die globale Rezession noch viel schlimmer wird oder ob es gelingt, die Lage zu stabilisieren. Die Zukunft der Weltwirtschaft hängt also von Obama und Geithner ab. Es ist, in einem sehr fundamentalen Sinne, eine Frage des Vertrauens.

© SZ vom 12.02.2009/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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