US-Hypothekenversicherer:Vorsorglicher Konkurs

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Die Vereinigten Staaten müssen zu einem soliden Finanzgebaren zurückkehren. Darum stellt die US-Regierung zwei Hypothekenbanken zu Recht unter die Kuratel des Staates.

Nikolaus Piper

Die Finanzkrise hat eine dramatische Wende genommen: US-Finanzminister Hank Paulson stellt die beiden Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac unter staatliche Zwangsverwaltung. Etwas Vergleichbares hat es zuletzt, allerdings in geringerem Umfang, in der großen Bankenkrise zu Beginn der neunziger Jahre gegeben.

Kam durch die US-Finanzkrise selbst in die Krise: Der US-Hypothekenversicherer Freddie Mac. (Foto: Foto: AFP)

Der Schritt ist zwar keine Verstaatlichung, wohl aber eine Art vorsorglicher Konkurs von Staats wegen, wobei der Finanzminister die Rolle des Konkursverwalters übernimmt. Die schlechte Nachricht dabei: Die Finanzkrise ist schwerer und dauert länger, als viele bis vor kurzem noch gehofft hatten, und ein echter Konkurs von Fannie und Freddie hätte eine Systemkrise von globalen Dimensionen ausgelöst. Die gute Nachricht: Washington hat jetzt die volle Verantwortung übernommen, es gibt kein Schöntun, kein Kleinreden mehr.

Ein immer größeres Rad gedreht

Zu Fannie und Freddie mit ihrem Geschäftsmodell gibt es in Deutschland keinen Vergleich: Die beiden Institute kaufen den eigentlichen Hypothekenbanken Hausdarlehen ab und veräußern sie weiter. Ihre ökonomische Funktion besteht darin, diese Darlehen zu versichern und so den Hauskäufern günstige Finanzierungsbedingungen zu garantieren. Jeder zweite Hauskauf in den USA wird mit Hilfe von Fannie oder Freddie abgewickelt. In einem Punkt allerdings gibt es Parallelen zu Deutschland. Alle wussten, dass der Staat Fannie sowie Freddie niemals würde untergehen lassen - wie bei den deutschen Landesbanken. Unter dem Schutz dieser impliziten Staatsgarantie drehte das Management ein immer größeres Rad, wie dies auch die Landesbanken gemacht haben. Jetzt sind alle auf dem Boden der Realität aufgeschlagen, die Steuerzahler müssen für die Kosten aufkommen. Ein Trost dabei: Die Aktionäre, die früher von den riskanten Geschäften profitiert haben, werden praktisch enteignet.

Die Zwangsverwaltung für Freddie und Fannie ist Teil einer umfassenden gesellschaftlichen und ökonomischen Korrektur. Der Aufschwung der Bush-Jahre war zu einem erheblichen Anteil ein Aufschwung auf Pump, möglich dank äußerst niedriger Zinsen. Viele Probleme wurden von einer Schwemme billigen Geldes zugedeckt. Die Einkommen der Durchschnitts-Amerikaner stiegen nicht, stattdessen beliehen viele Familien das Haus, um ihren Konsumstandard halten zu können. Das Defizit im Außenhandel uferte aus, aber die Asiaten finanzierten es bereitwillig, indem sie US-Staatsanleihen (und solche von Fannie und Freddie) kauften.

Damit ist jetzt Schluss. Die Vereinigten Staaten müssen zu solidem Finanzgebaren zurückkehren. Volkswirtschaftlich gesprochen: Das Land braucht eine positive Sparquote. Das bedeutet unter anderem konservative Standards in der Hausfinanzierung, Sanierung der Staatsfinanzen, Gesundschrumpfung des Banksektors, Neuregulierung der Finanzmärkte. Der Prozess der Umstellung wird hart werden. Aber er hat immerhin begonnen.

© SZ vom 08.09.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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