US-Gerichtshof erklärt sich für befangen:Die Aktien der Richter

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Es geht um 30 Weltkonzerne, eine Sammelklage wegen Geschäften mit dem südafrikanischen Apartheid-Regime und den Obersten Gerichtshof der USA, der sich für befangen erklärt - und damit unfreiwillig Apartheid-Opfern hilft.

Nikolaus Piper

Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hat eine wichtige Nicht-Entscheidung getroffen: Das Gericht sah sich jetzt außerstande, über eine Sammelklage gegen mehr als 30 internationale Konzerne zu beraten, die mit dem südafrikanischen Apartheid-Regime Geschäfte gemacht hatten.

Der Richter als Aktionär des Beklagten - der US-Supreme-Court hat sich im Apartheid-Verfahren für befangen erklärt. (Foto: Foto: Reuters)

Die Richter als Aktionäre der Beklagten

Vier der neun Richter erklärten sich für befangen, womit das Gericht insgesamt handlungsunfähig war.

Die Gründe für die Befangenheit wurden offiziell nicht mitgeteilt. Bekannt ist aber, dass mehrere Richter Aktien der beklagten Firmen besitzen. Richter Samuel Alito ist Aktionär bei Exxon und beim Pharmakonzern Bristol-Myers Squibb, Richter John Roberts bei Hewlett Packard und Richter Stephen Breyer bei mehreren anderen Konzernen.

Das Verfahren geht weiter - weil nicht entschieden wurde

Richter Anthony Kennedy ist zwar nicht Aktionär, sein Sohn arbeitet aber bei Credit Suisse. Für die betroffenen Firmen ist die Sache durchaus unangenehm. Sie hatten den Obersten Gerichtshof angerufen, um das Verfahren zu stoppen, das auf die Klage von Apartheid-Opfern hin bei einem Bezirksgericht im Bundesstaat New York anhängig ist. Weil die obersten Richter nicht entscheiden konnten, geht dieses Verfahren nun weiter.

Juristisch ist das Ganze hoch umstritten. Amerikanische Anwälte hatten die Sammelklage gegen die Konzerne angestrengt, weil sie in den Jahren der Rassentrennung zwischen 1948 und 1994 mit Südafrika Geschäfte gemacht haben.

Alle Opfer der Apartheid sollen danach Anspruch auf Entschädigung bekommen. Insgesamt erwarten die Anwälte Zahlungen von bis zu 400 Milliarden Dollar. Zu den Beklagten gehören Daimler, die Deutsche Bank, die Dresdner Bank (heute Teil der Allianz), Ford, General Motors, Chevron Texaco, Citigroup und viele andere.

Südafrika verbittet sich das Verfahren

Die Kläger argumentieren, die Firmen hätten durch ihr Engagement die offizielle Apartheid-Politik unterstützt. Sie berufen sich dabei auf ein Gesetz aus dem Jahre 1789, das es Ausländern erlaubt, US-Gerichte anzurufen, wenn sie sich in ihren Rechten verletzt fühlen.

Die demokratisch gewählte Regierung Südafrikas hat sich das Verfahren bereits als Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes verbeten. Deshalb hat sich auch das Außenministerium in Washington gegen die Kläger gewandt; das Verfahren sei gegen die Interessen der Vereinigten Staaten gerichtet.

John Bellinger, der Rechtsvertreter des Ministeriums, erklärte: "Stellen Sie sich vor, ein schweizerisches Gericht würde über Klagen gegen amerikanische Behörden oder Firmen aus der Zeit der Rassentrennung in den Südstaaten entscheiden. Aus südafrikanischer Sicht muss das ganz ähnlich aussehen."

© SZ vom 14.05.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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