Urteil:Sozialbindung auf Zeit

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Dem Bundesgerichtshof zufolge können Investoren nicht dazu verpflichtet werden, Sozialwohnungen unbefristet vorzuhalten.

Von WOLFGANG JANISCH, Karlsruhe

Kommunen können private Investoren nicht unbefristet dazu verpflichten, auf ehemals städtischen Grundstücken Sozialwohnungen vorzuhalten. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden und damit einer Wohnungsbaugenossenschaft im niedersächsischen Langenhagen recht gegeben. Die Kommune hatte der Genossenschaft im Jahr 1995 Grundstücke verkauft, die mit 52 Sozialwohnungen bebaut werden sollten. Verbunden damit war ein zinsgünstiges Darlehen. Im Gegenzug gewährte die Genossenschaft der Stadt Belegungsrechte an den Wohnungen; sie sollten günstig an Mieter mit Wohnberechtigungsscheinen vergeben werden. Der Haken: Es sollte ein Geschäft ohne absehbares Ende sein - die Stadt hatte sich unbefristete Rechte einräumen lassen.

Auf die Klage der Genossenschaft hat der BGH diese Pflicht ohne Frist nun für unwirksam erklärt. Dies ergebe sich bereits aus den Vorschriften des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, wonach solche Bindungen normalerweise nur für 15 Jahre gelten sollten, im Ausnahmefall auch länger - aber jedenfalls niemals ewig. Nach den Worten der Senatsvorsitzenden Christina Stresemann folgt dies aber auch aus allgemeinen Grundsätzen: Der Staat dürfe dem Empfänger einer Subvention keine beliebigen Beschränkungen auferlegen. "Deshalb können einem Subventionsempfänger keine Bindungen auferlegt werden, die er ohne zeitliche Begrenzung einhalten muss, nachdem die mit der Subvention verbundenen Vorteile aufgebraucht sind." Der Fall geht nun wieder zurück an das Oberlandesgericht Celle, das nun prüfen muss, welche Frist verhältnismäßig ist. Da die Stadt dem Investor Bauland bereit gestellt hatte, wird die Bindung vermutlich länger als 15 Jahre dauern dürfen.

Länger als 15 Jahre, so der BGH, können Investoren in der Regel nicht an Auflagen gebunden werden

Das Mittel der Wahl, darauf wies das Gericht nebenbei hin, ist in solchen Fällen nicht der Verkauf von Grundstücken, sondern das sogenannte Erbbaurecht. Nur darüber ließen sich "dauerhafte Beschränkungen für private Investoren" erreichen, nicht dagegen über den Verkauf der Grundstücke, schreibt der BGH - das liest sich fast wie eine Mahnung. Tatsächlich hat das Erbbaurecht derzeit in vielen Städten Konjunktur, etwa in München, Berlin, Frankfurt und Hamburg. Dem Investor wird dabei nicht das Eigentum eingeräumt, sondern ein auf 50 bis 70 Jahre befristetes Erbbaurecht, für das er einen jährlichen Erbbauzins zahlt. Diese Übertragung kann an einen Vertrag geknüpft werden, mit dem sich der Investor beispielsweise zum Bau von Sozialwohnungen verpflichtet. Im Gegenzug kann die Kommune einen günstigen Zins anbieten. Die Bindung lässt sich auf diese Weise deutlich länger aufrechterhalten als beim Verkauf der Flächen - zumal die Kommune die Grundstücke nach Ablauf des Erbbaurechts theoretisch wieder zurückverlangen könnte. Das Erbbaurecht ist damit ein zunehmend attraktives Steuerungsinstrument für Kommunen, um die Auswüchse der Immobilienmärkte in den überteuerten Innenstädten ein wenig abzufedern.

© SZ vom 09.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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