Urteil:Eigentum geht vor

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Der Bundesgerichtshof hat das Bankgeheimnis gelockert. Im Kampf gegen Fälscher müssen Kreditinstitute die Namen von Kontoinhabern nennen. Der Anspruch beschränkt sich aber auf offensichtliche Rechtsverletzungen.

Von WOLFGANG JANISCH, Karlsruhe

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Bankgeheimnis gelockert, um Markenunternehmen die Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen Produktfälscher zu erleichtern. Bei "offensichtlichen Rechtsverletzungen" durch den gewerbsmäßigen Vertrieb gefälschter Markenprodukte kann der Markeninhaber künftig von der Bank Auskunft über Namen und Adresse desjenigen verlangen, über dessen Konto der Deal abgewickelt wurde. Die Rechte der Unternehmen hätten hier Vorrang vor dem Bankgeheimnis, weil bei Produktfälschungen üblicherweise Vertriebs- und Zahlungswege verschleiert würden, sagte der Senatsvorsitzende Wolfgang Büscher bei der Urteilsverkündung. (Az: I ZR 51/12)

Geklagt hatte die Coty Germany GmBH, die unter anderem Davidoff-Parfüm vertreibt. Die Firma war bei einer Marktbeobachtung im Januar 2011 auf das - gefälschte - Parfüm "Davidoff Hot Water" gestoßen, angeboten über Ebay. Das Unternehmen ersteigerte die Ware und ließ sich den Namen hinter dem Ebay-Nutzerkonto geben, das binnen eines Monats stattliche 11 000 Euro Umsatz zu verzeichnen hatte. Dessen Inhaberin bestritt, selbst die Ware verkauft zu haben, verweigerte aber die Auskunft über den wahren Verkäufer. Coty verklagte daher die Sparkasse, bei der das Konto geführt wurde - und der Fall nahm einen windungsreichen Weg durch die Instanzen bis hin zum Europäischen Gerichtshof, der im Juli schließlich den Weg für die Lockerung des Bankgeheimnisses frei machte: Ein bedingungsloses Recht der Bank, Auskünfte zu verweigern, verstoße gegen die EU-Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums.

Dem BGH blieb danach noch die Abwägung zwischen den Schutzinteressen der Markenunternehmen und dem Bankgeheimnis. Letzteres wiege hier schon deshalb nicht besonders schwer, weil das Konto unzweifelhaft mit einer Verletzung von Markenrechten in Zusammenhang stehe, sagte Büscher. Der Bank werde damit zudem keine besonders komplizierte Überprüfung von Plagiatsprodukten auferlegt - das hatte Norbert Gross, Anwalt der Sparkasse, geltend gemacht. Der Auskunftsanspruch beschränke sich auf "offensichtliche" Rechtsverletzungen wie im konkreten Fall. "Jeder Laie konnte erkennen, dass das ein gefälschtes Markenparfüm war", sagte der Vorsitzende. Die Banken müssen keine Markenrechtsspezialisten einstellen, um das zu erkennen.

Auch dem zweiten Argument des Anwalts folgte der BGH nicht: dass die Firmen den Staatsanwalt einschalten sollten, um den Fälscher auf die Spur zu kommen. "Das Strafverfahren ist nicht dazu da, zivilrechtliche Ansprüche durchzusetzen", sagte Büscher.

© SZ vom 22.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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