Urlaub:Strandortfaktor

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Strandkörbe oder Sonnenschirm, wilde Wellen oder Kinderspielplatz? Ein Start-up will Urlaubern bei der Strand-Auswahl helfen. (Foto: Marcus Brandt/dpa)

Ein Berliner Start-up erfasst und prüft Strände auf ihre Eignung für Familien, Partyvolk und Entspannungssuchende. Mit neuem Kapital wollen die Strand-Inspektoren ihr Angebot ausweiten.

Von Katharina Kutsche, München

Lisa steht am Strand von Costa Calma, einem der größten Badeorte auf der kanarischen Insel Fuerteventura. Im Hintergrund ein gelber Sandbogen, terrassenartige Hotelanlagen, man hört die Wellen plätschern. "Hier gibt es Badespaß für Groß und Klein, da die Wellen fast das ganze Jahr über so niedrig sind wie heute", spricht die junge Frau im hellblauen T-Shirt in die Kamera, "dann ist hier noch eine Surfschule direkt am Strand ansässig."

Lisa gehört zum Team von Beach-Inspector, einer Strandbewertungsplattform, auf der sich Urlauber online oder per App über Strände und deren jeweilige Eigenheiten informieren können, etwa über die Sauberkeit von Wasser und Strand, Infrastruktur und Wassersportmöglichkeiten. Außerdem zeigen Symbole, ob der Küstenstreifen für Menschen im Rollstuhl zugänglich ist. Wer sich vor Buchung und Urlaub einen ersten Eindruck verschaffen möchte, kann sich die Bildergalerien und Videos anschauen, die von Inspektoren wie Lisa produziert werden. Bisher erfasst sind rund 1000 Strände in 20 Ländern, unter anderem auf den spanischen Inseln der Kanaren und Balearen, an der deutschen Nord- und Ostsee, in Thailand und Indonesien.

Tatsächlich gehört das Vorhandensein von Stränden zu den wichtigsten Entscheidungskriterien bei der Buchung einer Reise, schließlich machen mehr als 50 Prozent der Deutschen am liebsten Badeurlaub. Laut dem diesjährigen Reise-Monitor des ADAC sind unberührte Natur und gute Bademöglichkeiten die stärksten Faktoren bei der Wahl des Urlaubsortes.

Kai Michael Schäfer, Geschäftsführer von Beach-Inspector, hatte die Idee zu dem Start-up, als er selbst für einen Strandurlaub recherchierte. Er ärgerte sich darüber, dass Reiseanbieter, Vergleichs- oder Bewertungsportale bis dahin nur punktuelle und subjektive Informationen über Strände anboten. Gemeinsam mit seinen Mitgründern Anton Werner und Thomas Berndorfer baute Schäfer die Plattform auf, im Mai 2015 ging das Portal online. Mittlerweile arbeiten im Berliner Büro des Start-ups 14 Festangestellte, Praktikanten und Trainees. Dazu kommen bis zu 30 Inspektoren und Korrespondenten, die Strände am Ort prüfen und erfassen. Zurzeit möchten die Gründer per Crowdfunding über die Plattform Companisto neues Kapital einsammeln. Ihr Ziel: "Die letzten weißen Flecken auf dem europäischen Markt schließen", sagt Schäfer.

Welche Strände erfasst werden, hänge von deren touristischer Relevanz ab, sagt Schäfer. Je wichtiger die Bedeutung für den Markt, desto eher würden die Strände digitalisiert. Die Inspektoren seien zwar nur für ein bis eineinhalb Tage selbst an Ort und Stelle, sprächen aber mit Anwohnern, die im Idealfall schon mehrere Jahre dort wohnen. So bekommen die Stranderfasser Informationen über die Atmosphäre am Strand und dessen Auslastung während der Saison, erklärt Schäfer. Die Prüfkriterien für die Strände seien für alle Destinationen gleich. Die Kategorie Familienfreundlichkeit beispielsweise setze sich aus 16 Unterfaktoren zusammen, etwa: ist der Strand sauber, die Klientel kinderfreundlich, gibt es eine starke Brandung?

Obwohl der Strand für viele Touristen so wichtig ist, gibt es bisher wenig Information

Zusätzlich zu den Strandfakten zeigt das Portal Angebote von Reiseunternehmen zu Hotels an, die an dem jeweiligen Küstenstreifen liegen. Das ist neben Werbung eine der Umsatzquellen des Start-ups. "Für jeden Besucher, der auf ein Reiseangebot klickt, bekommen wir einen Klickpreis", sagt Mitgründer Schäfer. "Außerdem gibt es inzwischen zahlreiche Destinationen, die uns dafür bezahlen, dass ihre Strandkompetenz erfasst wird", etwa Dubai, Israel, Oman und Kenia. Bei ihrer Pressearbeit profitieren die Gründer davon, dass sie für jeden Ort eine Drehgenehmigung einholen müssen. Der Kontakt zu den örtlichen Tourismusverbänden ergebe sich so zwangsläufig.

Mit neuem Kapital wollen die Strandinspektoren nun zusätzliche Funktionen auf der Plattform anbieten. 360-Grad-Bilder und neue Videos sollen die bisherigen nach und nach ersetzen. Zudem sollen Nutzer eigene Fotos oder Videos hochladen und Bewertungen abgeben können, damit die Informationen über die Strände aktuell bleiben.

Die Bewertungen der einzelnen Strände haben vor allem dann einen Nutzwert, wenn der Tourist weiß, was ihm wichtig ist. So fällt die Bewertung für Costa Calmas Stadtstrand sehr gemischt aus: zwar acht von zehn Punkten für Familienfreundlichkeit mangels Service und Ambiente, jedoch nur drei Punkte für Entspannung, und als "Partylocation" fällt der Ort gleich ganz durch. Lisas Fazit zu Costa Calma wirkt daher etwas beliebig: "Ihr könnt hier entspannt baden und es euch gut gehen lassen."

© SZ vom 11.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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