Unternehmer zahlen Uniformen:Die Supercops in Blau

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Hamburgs Polizisten wechseln ihr Gewand — und Firmen dürfen ein Uniform-Notopfer als Betriebsausgaben absetzen.

Reymer Klüver

(SZ vom 21.05.2003) — Hauchzart ist der Saal illuminiert, eine Nacht ganz in Blau soll es werden. In der Mitte ein weiß ausgeschlagener Catwalk, dazu James-Bond-Sound vom Band, Tina Turners "Golden Eye". So viel war lange nicht mehr los in der eher müden Börse zu Hamburg.

An die tausend Leute sind auf Einladung der vornehmem Handelskammer zu einer Modenschau der besonderen Art gekommen: die Präsentation neuer Polizeiuniformen für die Stadt.

Eine bundesweite Premiere. Denn die Uniformen sind erstens blau, und sollen zweitens nicht mehr vom Staat, sondern von der Wirtschaft bezahlt werden. Public-Private-Partnership nennt man das heute.

So kommt es, dass die Gäste im Foyer an zwei schweren Maschinen kaum vorbeikommen, die Harley Davidson Hamburg Nord auffahren ließ. Was natürlich gänzlich ohne Hintergedanken geschehen ist. Hinter den Maschinen ist noch eine der Entwurfszeichnungen des Designers Luigi Colani zu sehen, die er für die hanseatische Polizei gefertigt hat.

Kostenlos. Ein ziemlich lässiger Cop mit fast undurchdringlicher Sonnenbrille und einer Fluppe im Mundwinkel, in etwa eine Kreuzung eines Peter-Stuyvesant-und-der-Duft-der-groß en-weiten-Welt-Typs und Peter Fonda in Polizeiuniform.

Die Skizzen des Meisters mussten sie dann aber, kostenlos für den Steuerbürger auch das, bei Tom Tailor, einer Hamburger Bekleidungsfirma, "stark weiter entwickeln". Will sagen, die martialischen Uniformentwürfe des Maestros passten nicht ganz zum Anforderungsprofil, das Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) zur Modenschau als Anspruch für seine Polizei formuliert: "offen, modern, bürgernah und effektiv".

Dazu also werden ihr die blauen Textilien verhelfen, die jetzt noch Models über den Laufsteg tragen: Cargohosen für die Freizeit zum Beispiel und eine blaue Strickjacke mit Rippeinsätzen an Ellbogen und Schulter. Dazu Baumwoll-Polo-Shirts in Weiß, Hellblau und Dunkelblau. Tuchhosen mit Seitennaht. Und neue Schirmmützen, die fast so aussehen wie bei den Kollegen von der Police Academy. Keine Frage, die Hamburger Polizei wird modisch aufgerüstet. Das war schließlich eines der wichtigsten Anliegen, die Innensenator Ronald Schill noch als Wahlkämpfer versprochen hatte.

Was natürlich ein Politikum ist, weil mit dem Hamburger Blau die in den siebziger Jahren mühsam errungene Einheitlichkeit im Erscheinungsbild der Polizei in Deutschland passé sein wird. Doch darüber wird an solch schönem Abend nicht geredet, oder nur in Andeutungen.

Dafür kann man in Erfahrung bringen, dass Tom Tailor "schneller als die Polizei erlaubt" geschneidert hat. Und zudem alles, was man so wissen sollte über die Tom Tailor Company, über die Tom Tailor Labels, Tom Tailor Lizenzen, ja, über die Tom Tailor Philosophie. Wer zahlt, schafft an. Die Firma hat nach eigenen Angaben schließlich 250.000 Euro "aus eigener Tasche" in die Entwicklung der neuen Uniformen gesteckt.

Informativ ist auch, was ein Mann wie Nikolaus Schües, der Vize-Präses der Handelskammer, an diesem Abend alles weiß. Aus anderen Bundesländern berichtet er, dass man sich dort über die "Vorreiterrolle Hamburgs" richtig freue. Und in Berlin habe sogar "Innensenator Otto Schily das gleiche durchblicken" lassen. Dann erwähnt er noch, dass Firmen ein Uniform-Notopfer gar als Betriebsausgaben absetzen könnten.

Ein paar Firmen haben schon Beiträge in Aussicht gestellt. Ob aber die Kaufleute genug Geld herausrücken, damit der Kleiderwechsel wirklich anlaufen kann, steht noch nicht fest. Der bisherige Termin Herbst 2003 ist da vielleicht eher ins Blaue hinein gesprochen.

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