Kodex:"Problematisches Verhalten"

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Der Fall VW sorgt für Änderungen im Regelwerk für gute Unternehmensführung

Von Karl-Heinz Büschemann, München

Der VW-Skandal hat jetzt Folgen für die gesamte Managementkultur. Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, die Regeln für gute Unternehmensführung aufstellt und in einem Empfehlungskanon zusammenfasst, will ihr Regelwerk ändern. Schon in der Präambel des Kodex soll künftig die Rede davon sein, dass gute Unternehmensführung sich nicht nur durch legales, sondern auch durch legitimes Handeln auszeichne. Manfred Gentz, der Vorsitzende der Kommission, sagte am Mittwoch in Berlin, Manager hätten zunehmend "einen moralischen Kompass" nötig. Das Verhalten der Unternehmenschefs solle sich wieder dem alten Leitbild des ehrbaren Kaufmanns annähern, für den es bei unternehmerischem Handeln auch moralische Grundsätze gebe. Gentz sagte, der schwere Fall von Betrug bei Abgaswerten von Dieselmotoren im VW-Konzern, sei nicht der Anlass für die Kodexänderungen. Er erklärte aber, dass "Fälle von offensichtlich problematischem Verhalten die Diskussion intensiviert" hätten. "Wir haben seit Jahren Probleme damit, dass manchen Führungskräften die Orientierung verloren gegangen ist oder in den Hintergrund getreten ist." Einwandfreies Verhalten, so Gentz, der früher bei Daimler Finanzvorstand war, von Führungskräften "schafft man nicht allein mit rechtlichen Mitteln".

Neu soll geregelt werden, dass Aufsichtsratschefs künftig mit Investoren sprechen dürfen

Offenbar ebenfalls mit Blick auf VW, aber auch auf Unternehmen wie Linde oder Stada, wo es Probleme in der Konzernführung gibt, die auch auf Schwächen im Aufsichtsrat zurückzuführen sind, soll der Kodex künftig höhere Anforderungen an Aufsichtsräte stellen. So sollen Aufsichtsräte in Zukunft für die Aktionäre zugänglich erklären, welche Kompetenzen sie in ihren Reihen brauchen. Danach sollen die Kandidaten für die Wahl zum Aufsichtsrat an diesem Profil gemessen werden. Dadurch soll die Arbeit der Kontrollgremien professioneller werden. Schlechte Erfahrungen mit Aufsichtsräten haben offenbar auch dazu geführt, dass die Kontrollgremien nach den Wünschen der Kommission mehr Wert darauf legen sollen, dass es eine ausreichende Zahl von unabhängigen Mitgliedern gibt. Der Aufsichtsrat soll die Mitglieder, die in keinem noch bestehenden oder früheren Abhängigkeitsverhältnis zum Unternehmen stehen, und deswegen in ihren Entscheidungen persönlich befangen sein können, mit Namen benennen.

Neu soll im Kodex auch geregelt werden, dass Aufsichtsratschefs künftig mit Investoren sprechen dürfen. Im deutschen Aktiengesetz ist diese Art der Kommunikation nicht vorgesehen, da Aufsichtsräte eine allein kontrollierende Funktion haben und vom Tagesgeschäft getrennt sind. Nach Ansicht der Kommission habe sich aber die Rolle der Kontrolleure verändert. Es sei sinnvoll für Aufsichtsratschefs mit Investoren über Belange zu sprechen, die allein in der Kompetenz des Aufsichtsrates liegen. Das betreffe zum Beispiel die Berufung von Vorständen oder deren Vergütung, für die der Vorstand nicht zuständig ist. Die Investoren hätten andernfalls keine Anlaufadresse für bestimmte Fragen.

Gentz betonte, es sei gut für Aufsichtsratschefs, solche Gespräche zu führen. Dadurch bekämen sie gelegentlich Zugang zu Informationen von außen, die noch gar nicht im Unternehmen angekommen seien. Er selbst habe in früheren Tätigkeiten durch Investorengespräche "wichtige Frühindikatoren" zur Kenntnis genommen.

© SZ vom 03.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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