Ungerecht:Gute Besserung

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In Gesundheitsberufen arbeiten überwiegend Frauen. Doch Entscheidungen treffen fast nur Männer. Bei einer Krankenkasse ändert sich das.

Von Kristiana Ludwig

Um die Gesundheit der Deutschen kümmern sich vor allem Frauen. Von den 5,6 Millionen Menschen, die kranke Menschen pflegen, untersuchen, behandeln oder operieren, sind nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums vier Millionen weiblich.

Wie eine gute Behandlung ablaufen muss, das handeln die Spitzenverbände der Ärzte und Zahnärzte, der Kliniken und der Krankenkassen untereinander aus. Doch hier oben, in den Vorständen und Leitungsgremien, finden sich kaum Frauen. In den Vorständen der Krankenkassen zum Beispiel sind sie eine Rarität. Unter den 20 Vorständen der AOK sind es gerade einmal zwei, bei der DAK, der Barmer, der HEK oder der IKK gibt es dagegen gar keine.

Die Techniker Krankenkasse hat nun zum ersten Mal überhaupt eine weibliche Vorstandsvorsitzende gewählt. Für die zwei Herren, die bisher die Geschicke der Kasse lenkten, wird dies aber keine allzu harte Umstellung werden. Niemand muss für die Sozialwissenschaftlerin Karen Walkenhorst gehen. Sie wurde als zusätzliches, drittes Mitglied gewählt. Wenn sie im August im Amt ist, soll sie sich um die Kundenbetreuung und um das Personal kümmern. Bei den Verhandlungen um Politik und Finanzen bleiben die Männer weiter unter sich.

Bei den Ärzten ändert auch die Tatsache, dass der Frauenanteil an Medizinstudierenden längst auf mehr als 50 Prozent gestiegen ist, wenig an der Besetzung der Führungspositionen. Lehrstühle, Klinikdirektionen oder Abteilungsleitungen bleiben überwiegend den Männer überlassen, erhob der Deutsche Ärztinnenbund.

Auch im mächtigsten Gremium der deutschen Gesundheitspolitik, dem Gemeinsam Bundesausschuss in Berlin, der über Medikamentenpreise und Behandlungsstandards entscheidet, sind Frauen kaum vertreten. Eine Ausnahme ist die Vorstandsvorsitzende des Krankenkassen-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer. Die Amtszeit einer zweiten Frau, die unabhängig entscheidet, wird bald enden. Als Nachfolger schlugen die Kassen und Kliniken bislang wieder nur Männer vor.

Das fiel zuletzt auch dem Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Lutz Stroppe, auf. Es wäre doch schön, wenn sich das Gesundheitsgremium an die "einschlägigen Vorgaben des Bundesgremienbesetzungsgesetzes" halten würde, schrieb er in sperrigstem Beamtendeutsch. Dort ist eine faire Teilhabe für Frauen und Männer geregelt. Mehr als darauf hinweisen kann Stroppe allerdings nicht. Seit zwei Jahren gibt es eine Ausnahmeregel für die Gesundheitsbranche: Um Gleichberechtigung muss sich hier nun niemand mehr kümmern.

© SZ vom 18.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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