Umstrittenes Projekt:Steinbrück macht Front gegen den Transrapid

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Finanzminister Steinbrück bezweifelt, dass 1,85 Milliarden Euro für die Magnetschwebebahn ausreichen - und äußert erhebliche Zweifel daran, dass es sich um Zukunftstechnologie handele. "Das Patent stammt aus den dreißiger Jahren."

Claus Hulverscheidt

Die von Bayern gewünschte Transrapidstrecke in München zwischen der Innenstadt und dem Flughafen könnte nach Ansicht von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) deutlich mehr als zwei Milliarden Euro kosten.

Steinbrück sagte der Süddeutschen Zeitung, es sei "keineswegs unrealistisch anzunehmen, dass es nicht bei den bislang vorgesehenen 1,85 Milliarden Euro bleiben wird". Dies lehrten ihn auch seine eigenen Erfahrungen mit dem Thema aus Nordrhein-Westfalen.

"Wenn man dann bedenkt, dass wir die in Rede stehende Strecke, die gerade einmal 37 Kilometer lang ist, zu einem Drittel der Kosten auch mit einer Express-S-Bahn bedienen könnten, dann stellt sich schon die Frage, ob uns ein Fahrtzeitunterschied von zehn bis 15 Minuten diese Investition wert sein sollte", so der Minister.

Steinbrück stellte damit nicht nur die Finanzierung der Magnetbahnstrecke, sondern das Milliardenprojekt insgesamt in Frage. "Ich mache keinen Hehl daraus, dass in meinen Augen die Kontra-Argumente die Pro-Argumente deutlich überwiegen", sagte er.

Der SPD-Politiker hatte 2003 als damaliger nordrhein-westfälischer Ministerpräsident die Planungen für eine zweite Strecke in Deutschland gestoppt. Die schnelle Magnetschwebebahn sollte eigentlich von 2007 an die Ruhrgebietsstädte Dortmund, Bochum, Essen und Duisburg mit der Landeshauptstadt Düsseldorf verbinden.

"Das Patent stammt aus den dreißiger Jahren"

Das Projekt, das in Nordrhein-Westfalen unter dem Namen Metrorapid firmierte, scheiterte jedoch vor allem an der völlig ungeklärten Finanzierung und der unentschlossenen Haltung der damaligen rot-grünen Bundesregierung.

Im Gespräch mit der SZ betonte der Bundesfinanzminister, dass er die Bezeichnung der Magnetschwebetechnik als "Zukunftstechnologie" für durchaus fragwürdig halte.

"Das Patent stammt aus den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Und ich selbst hatte erstmals in den siebziger Jahren als junger Referent im damaligen Bundesministerium für Forschung und Technologie mit dem Transrapid zu tun", erklärte er.

Seither habe sich nicht nur die Rad-Schiene-Technik deutlich weiterentwickelt, auch das Netz von Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnen in Mitteleuropa sei immer dichter geworden.

Steinbrück schloss trotz aller Bedenken aber nicht grundsätzlich aus, dass der Bund sein Kostenbeteiligungsangebot in Höhe von 550 Millionen Euro noch einmal aufstocken wird: "Das hängt maßgeblich vom Verhalten Bayerns ab. Die permanenten öffentlichen Forderungen der Landesregierung und der CSU an den Bund sind jedenfalls alles andere als hilfreich."

Der Minister machte zudem deutlich, dass er die 550 Millionen Euro nicht einfach wieder einziehen würde, sollte die Transrapidstrecke nicht realisiert werden. "Natürlich benötigt der Flughafen Franz Josef Strauß eine bessere Anbindung an die Münchner Innenstadt'', sagte er.

Das sei der Bundesregierung bewusst, entsprechend werde man sich auch verhalten. "Interessant ist aber, dass fast alle SPD- und auch zahlreiche CSU-Kommunalpolitiker in München und den umliegenden Gemeinden nicht auf den Transrapid, sondern auf eine Express-S-Bahn setzen", so Steinbrück weiter. Dies werde von der Staatsregierung schlichtweg ignoriert.

Steinbrücks Einwände gegen die bayerischen Pläne sind auch ein Hinweis an Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), den Bayern nicht zu sehr entgegenzukommen. Tiefensee will Mitte September wieder mit seinem bayerischen Kollegen Erwin Huber (CSU) verhandeln.

Anders als Steinbrück gilt Tiefensee eher als Transrapid-Anhänger, der bereits angedeutet hat, dass der Bund statt 550 Millionen auch bis zu 925 Millionen Euro, also die Hälfte der Kosten, übernehmen könnte. Voraussetzung sei allerdings, dass auch Bayern seinen angekündigten Anteil von 462 Millionen deutlich erhöhe.

Eine Lücke von 200 bis 800 Millionen Euro

Das wiederum lehnt Huber bislang kategorisch ab - zumal er schon seine bisherige Zusage an die Bedingung geknüpft hat, dass der Bund seinen Anteil auf eben jene 925 Millionen Euro erhöht.

Selbst wenn es bei den jetzt vorgesehenen Kosten von 1,85 Milliarden Euro bleiben sollte, die Deutsche Bahn wie angekündigt 185 Millionen Euro und möglicherweise auch der Flughafen München 100 Millionen beisteuern sollten, klafft im Finanzierungskonzept also immer noch eine Lücke zwischen knapp 200 Millionen und 800 Millionen Euro.

Huber bemühte sich am Mittwoch erneut, die Öffentlichkeit von den Transrapidplänen zu überzeugen. Eine Stunde lang beantwortete er an einer Telefon-Hotline Fragen von Anrufern aus ganz Bayern.

Viele Transrapid-Kritiker äußerten dabei die Sorge, dass wegen der hohen Kosten der Magnetschwebebahn in anderen Landesteilen beim Nahverkehr gespart werden könnte. Huber erhielt aber auch Unterstützung für den Transrapid-Bau.

Der bayerische SPD-Fraktionschef Franz Maget hatte dagegen am Dienstagabend erneut den Stopp des Projekts verlangt. Die Staatsregierung müsse das Vorhaben "schnellstmöglich beerdigen", weil sonst "weiterhin Millionen von Steuergeldern sinnlos verplempert" würden, sagte er am Rande einer Parteikonferenz. Für seinen Kurs erhielt Maget nach eigenem Bekunden Rückendeckung von allen SPD-Fraktionsvorsitzenden aus Bund und Ländern.

© SZ vom 06.09.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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