Überschussbeteiligungen:Zahlen für das Schaufenster

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Die Lebensversicherer werben mit ihren Überschussbeteiligungen. Dabei haben die Kunden davon oft gar nichts. Warum, zeigt das Beispiel der Bayerischen Beamten Versicherung.

Von Herbert Fromme und Friederike Krieger, Köln

Eigentlich heißt die kleine Versicherung im heimeligen Münchener Stadtteil Neuperlach Bayerische Beamten Versicherungen (BBV). Doch in ihrem Werbeauftritt nennt sie sich seit drei Jahren "Die Bayerische" und fügt keck hinzu "Versichert nach dem Reinheitsgebot".

Eine gewisse Frechheit leistet sich das Unternehmen auch sonst. "Die Versicherungsgruppe die Bayerische gewährt ihren Kunden für das Jahr 2016 wieder eine Überschussbeteiligung deutlich über Branchen-Niveau", lobt sich die Gesellschaft. Die laufende Verzinsung betrage 3,3 Prozent, zusammen mit anderen Gewinnanteilen könnten Kunden 3,94 Prozent erreichen.

Langjährige Versicherte kratzen sich da verwundert am Kopf. Denn für ihre Verträge gibt es 2016 deutlich weniger - statt 3,3 Prozent werden ihnen nur 2,75 Prozent auf den Sparanteil ihrer Verträge gutgeschrieben, wenn sie nicht das Glück haben, dass ihr Vertrag aus alten Zeiten einen höheren Garantiezins vorsieht.

Das Geheimnis dahinter: Die Bayerische hat zwei Lebensversicherer. Jahrelang ging es der Altgesellschaft BBV nicht so gut. Sie hatte sich bei Kapitalanlagen verhoben, lag in der Verzinsung unter dem Marktdurchschnitt und wuchs deshalb schlecht.

Tatsächlich gilt das Versprechen nur für eine Minderheit der Versicherten

2010 stellte die BBV das Neugeschäft ein. Sie wickelt seither nur noch die bestehenden Verträge ab. Für das Neugeschäft nutzt der Konzern seither die Neue Bayerische Lebensversicherung. Die Vorteile liegen auf der Hand. Die neue Gesellschaft hat keine Altlasten aus hohen Zinsgarantien wie die BBV. Und natürlich kann ein Konzern auch bei den Kosten etwas tun: Die Kunden der Neuen Bayerische mussten 2014 nur 2,2 Prozent der Beiträge für Verwaltungskosten abgeben - die Altkunden bei der BBV 4,7 Prozent.

Dabei hat die Neugesellschaft mit 110 000 Verträgen Ende 2014 deutlich weniger als die BBV mit 228 000 Verträgen. Außerdem entfällt bei der Neuen Bayerischen Leben ein Drittel auf fondsgebundene Verträge. Für sie gelten die Überschussbeteiligungen nicht. Das Fazit: Die "Überschussbeteiligung über Branchenniveau" gilt nur für knapp 70 000 Kunden des Konzerns. Für mehr als 200 000 liegt sie deutlich darunter. Ein Taschenspielertrick, der das "Reinheitsgebot" der Bayerischen in ein ganz neues Licht rückt.

Alle Lebensversicherer geben in diesen Wochen ihre Überschussbeteiligungen für das Jahr 2016 bekannt. Der Vorgang um die Bayerische zeigt, dass es sich dabei um reine Schaufensterzahlen handelt, mit denen die Vertriebe neue Kunden gewinnen wollen. Alljährlich müssen die Unternehmen deklarieren, was sie im kommenden Jahr gutschreiben. Gezeigt wird die laufende Verzinsung, die den Kunden unwiderruflich gutgeschrieben wird. Dazu kommen noch Schlussgewinnanteile, die bei schlechtem Verlauf wieder eingezogen werden können.

Für die Kunden bietet die jetzt gezeigte Überschussbeteiligung nur wenig Informationswert. Denn sie bezieht sich auf den Sparanteil. Das ist der Teil der Beiträge, der nach Abzug von Vertriebs- und Verwaltungskosten sowie möglichem Risikoaufwand übrig bleibt. Den Sparanteil nennen die Versicherer aber nicht. Meistens werden etwa 90 Prozent der Einzahlungen verzinst, manchmal aber auch nur 80 Prozent. "Wir plädieren für den Ausweis einer Beitragsrendite", sagt deshalb Lars Gatschke, Versicherungsexperte des Verbraucherzentrale Bundesverbands. "Alternativ würde auch der Ausweis des Sparanteils helfen."

Der Gesetzgeber hat die Branche bereits dazu verpflichtet, den Kunden mit der sogenannten Effektivkostenquote vor Augen zu führen, wie stark sich die Rendite ihres Vertrags durch die Kosten mindert. Doch hier sind nicht alle Kosten enthalten, kritisiert Gatschke. "Die Risikokosten für einen integrierten Berufsunfähigkeits-, Todes- oder Unfallschutz sind nicht mit drin."

Die aktuellen Deklarationen zeigen, dass die niedrigen Kapitalmarktzinsen bei den Gesellschaften angekommen sind. Ihre laufenden Überschussbeteiligungen liegen fast überall deutlich unter denen für 2015. Negativ-Spitzenreiter ist die Swiss Life, die um 0,75 Punkte auf 2,25 Prozent gesenkt hat. "Wer mehr als drei Prozent ausweist, dürfte 2016 über dem Marktschnitt liegen", sagt Ralf Bender von der Ratingagentur Standard & Poor's. Marktführer Allianz schreibt 3,1 Prozent gut, für 2015 waren es noch 3,4 Prozent.

Die Konzerne haben ohnehin wenig Begeisterung für klassische Policen übrig

Die großen Konzerne Allianz, Ergo, Axa und Generali haben ohnehin nur noch wenig Begeisterung für klassische Policen mit Garantie und Überschussbeteiligung. Sie setzen auf neue Modelle ohne Garantiezins, bei denen nur der Erhalt der Beiträge abgesichert ist.

Verbraucherschützer Gatschke findet das nicht unsympathisch. "Ohne Garantiezinsverpflichtung haben die Versicherer mehr Luft in der Kapitalanlage", sagt er. "Dadurch ist eine höhere Überschussbeteiligung möglich." In der Ansparphase könnten Kunden gut auf eine Garantieverzinsung verzichten.

© SZ vom 23.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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