Übernahmen:Versicherer gesucht

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Chinesische Investoren kaufen gerne Gesellschaften in Europa. In Deutschland ist das die Frankfurter Leben.

Von Herbert Fromme und Pieter Couwenbergh, Köln/München

Die Behörde ließ sich Zeit. Mehr als ein Jahr prüfte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) den Antrag der Frankfurter Leben, einen Bestand von 128 000 Lebensversicherungsverträgen der Basler zu übernehmen. Im September 2015 stellten die Versicherer den Antrag, zum 1. Januar 2017 genehmigte die Bafin den Deal.

Die Behörde braucht normalerweise nicht so lange. Aber an dem Fall war nichts normal. Denn die Frankfurter Leben übernahm die Verträge nur mit dem Zweck, sie abzuwickeln. Und: Ihr Mehrheitseigner ist der chinesische Großinvestor Fosun.

Wer vor 20 Jahren seine Lebensversicherung bei der Basler Versicherung abgeschlossen hat, findet sich plötzlich als Kunde eines chinesischen Finanzkonglomerats wieder, das seine Altersversorgung regelt. Damit das nicht mit Problemen für die Kunden endet, legte die Bafin der Frankfurter ein enges Korsett an.

Die Gesellschaft darf nur nach sehr strengen Regeln Gewinne ausschütten. Und sie muss einen Teil der Kapitalanlagen in einer von der Bafin vorgeschriebenen Form halten. Das Ziel: Für die Kunden soll sich möglichst nichts ändern.

Das machte den Deal deutlich teurer für Fosun, aber die Chinesen griffen trotzdem zu. Inzwischen haben sie außerdem die Arag Lebensversicherung gekauft, die Aufsicht muss noch zustimmen.

Auch im Vorstand sorgte der neue Eigner für Veränderungen

Europäische Versicherer stehen neben Banken ganz oben auf dem Einkaufszettel chinesischer Konzerne - auch wenn die Renditen für Versicherer nicht die höchsten sind. Aber Europa gilt als stabiler Markt mit hohem Digitalisierungspotenzial und einem starken Bruttosozialprodukt.

Fosun kaufte 2014 für eine Milliarde Euro 80 Prozent der größten portugiesischen Versicherungsgruppe Caixa Seguros Saúde. Im August 2015 übernahm der Investor die kleine Uelzener Leben und benannte sie in Frankfurter Leben um.

Über die Abwicklungsdeals gewinnt das Geschäft auch in Deutschland an Volumen. Aber eine direkte Beteiligung an einem großen Versicherer konnten chinesische Investoren hierzulande bisher nicht erwerben. Das ist in den Niederlanden anders. Dort hat das Konglomerat Anbang 2015 für 150 Millionen Euro plus einer Kapitalspritze von 1,3 Milliarden Euro die Versicherungsholding Vivat übernommen. Danach hat sich für Kunden nicht viel geändert, wohl aber für die Mitarbeiter: Rund ein Drittel der Belegschaft musste gehen, etwa 1000 Arbeitsplätze fielen weg.

Auch im Vorstand sorgte der neue Eigner für Veränderungen. Drei Monate nach der Übernahme wurde der Chef gegen den Niederländer Ron van Oijen ausgetauscht, der 20 Jahre in Asien gearbeitet hatte. Von den sieben Vorständen sind drei Chinesen, darunter der Finanzchef Yinhua Cao. Konzernchef van Oijen weiß um die Sitten und Gebräuche seiner Kollegen. Auf der Vorstandsetage steht eine Tischtennisplatte.

Außerdem hat Anbang die Konzernstruktur geändert - jetzt hat der Vorstand der Vivat-Holding auch direkten Einfluss auf das Tagesgeschäft der Töchter. Schwer getan mit den neuen Vorständen hat sich die Aufsicht, die Zentralbank De Nederlandsche Bank. Sie musste den Managern ausreichende Qualifikationen bestätigen. Insider berichten, dass es daran leise Zweifel gab. Doch Anbang machte klar, dass es ohne die Vorstände auch die 1,3 Milliarden Euro nicht geben würde, die Vivat dringend brauchte. Die Zentralbank gab nach.

© SZ vom 05.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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