Tradition:Weihnachtsbier im Heiligen Land

Lesezeit: 2 min

Die Brauerei Taybeh im Westjordanland produziert ihr Bier nach deutschem Reinheitsgebot - in sechs Varianten. (Foto: Ilia Yefimovich/dpa)

Die palästinensische Brauerei Taybeh produziert auch koscher und halal.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Taybeh

Die Maschinen laufen auf Hochtouren: Jedes Jahr wird im Dezember im Dorf Taybeh im Westjordanland Weihnachtsbier produziert. Brauereibesitzer Nadim Khoury zählt auf, welche Zusatzstoffe in das ansonsten nach deutschem Reinheitsgebot produzierte Bier kommen: "Ingwer, Zimt, Honig, Kräuter und noch einiges andere, das wird nicht verraten." 24 000 Flaschen wurden in den vergangenen Tagen ausgeliefert. "Weihnachtsbier kaufen diejenigen, die zu den Feiertagen einen etwas anderen Geschmack und etwas mehr Alkoholgehalt haben wollen."

In diesem Jahr könnte das Bier auch zu Chanukka getrunken werden, denn das jüdische Lichterfest und das christliche Weihnachten finden diesmal gleichzeitig statt. Das Bier aus der einzigen Brauerei in den palästinensischen Gebieten wird zwar zum Großteil im Westjordanland getrunken. Aber 30 Prozent der Jahresproduktion von 600 000 Litern gehen nach Israel. Das Bier wird in sechs Sorten von "Golden" bis "Light" angeboten und hat auch einen Koscher-Stempel - eine von einem Rabbiner vorgenommene offizielle Zertifizierung. Es gibt auch eine alkoholfreie Variante mit der Bezeichnung "halal" - für strenggläubige Muslime. Die im Gazastreifen regierende radikalislamische Hamas erlaubt die Einfuhr in die Küstenenklave dennoch nicht.

Die Brauerei, die wie der Ort Taybeh heißt, gehört der Familie von Nadim Khoury. Es sind palästinensische Christen - wie fast alle der 1500 Einwohner des Dorfes in der Nähe von Ramallah. Die 15 Arbeiter, die in der Brauerei neben den acht Mitgliedern der Familie Khoury tätig sind, sind Muslime. "Wir sind damit aufgewachsen, dass es keine Diskriminierung gibt, sondern Respekt vor Christen, Muslimen und Juden", sagt Khoury. Aber Religion und Politik lassen sich gerade im Heiligen Land nicht trennen - auch wenn am Eingang zur Brauerei auf einem Schild steht: "Taybeh Bier: Es geht nicht um Politik, es geht nur um großartigen Geschmack." Der Start von Khourys Bierproduktion im Westjordanland 1994 war noch beflügelt von der Euphorie des ein Jahr zuvor begonnenen Osloer Friedensprozesses, der den Weg zur Gründung eines eigenständigen palästinensischen Staates ebnen sollte. "Jetzt haben wir zwar ein eigenes palästinensisches Bier, aber noch keinen eigenen Staat."

Die Produktion wird von Israel immer wieder behindert

Die größte Sorge bereiten den Bierbrauern die immer wiederkehrenden Zugangsbeschränkungen von israelischer Seite. Der Hopfen kommt zum Großteil aus dem bayerischen Hallertau, ein weiterer Teil aus Tschechien. Monate im voraus muss Khoury Genehmigungen beantragen, damit er die Hopfenlieferungen im israelischen Hafen Ashdod verladen darf. Malz und Hefe kommen ebenfalls aus Europa. "Wir können ein exzellentes Produkt nur mit besten Zutaten herstellen", sagt der Unternehmer. Dazu gehört auch Wasser aus einer nahe gelegenen Quelle, die unter israelischer Kontrolle steht. Mehrfach sei ihnen der Zutritt verweigert worden. "Ohne Wasser können wir nicht arbeiten." Probleme gibt es auch beim Export: Zehn Prozent der Jahresproduktion wird in insgesamt 15 Länder geliefert - darunter Deutschland, Japan, die USA. Der Export geht über Israel. "Die Kontrollen dauern oft Tage."

Seit einigen Jahren stellt der Betrieb auch Olivenöl und Wein her, ein Hotel wurde gebaut, im nächsten Jahr soll ein Braugasthaus eröffnet werden. Als nächstes Großprojekt ist eine Destillerie geplant. "Wenn wir hier eine Zukunft haben wollen, brauchen wir vor allem eines: Arbeitsplätze", sagt Khoury.

© SZ vom 24.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: