Tourismus:Sicher in die Sonne

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So viel wärmende Sonne gibt es im Februar auf der spanischen Insel Gran Canaria. (Foto: Elvira Urquijo/dpa)

Statt in die Türkei oder nach Nordafrika verreisen viele, gerade ältere Deutsche in diesem Jahr nach Spanien. Vor allem die Inseln sind gut gebucht.

Von Michael Kuntz, Maspalomas

Das Thermometer neben dem Leuchtturm von Maspalomas zeigt 29 Grad. Hier im Süden von Gran Canaria geht es auf der Uferpromenade Ende November zu wie auf der Kurpromenade von Westerland auf Sylt im Hochsommer. Viele Menschen schlendern auf der drittgrößten Kanarischen Insel am Saum des Atlantiks, an Boutiquen und Restaurants vorbei zu den berühmten weißen Dünen. Das einzige Auto ist ein Streifenwagen der lokalen Polizei. Sichtbare Sicherheit.

Weil sich viele Urlauber nach der Serie von Anschlägen und politischen Unruhen in diesem Jahr nicht mehr in die Türkei, nach Ägypten oder Tunesien trauen, erlebt Spanien einen Andrang wie lang nicht mehr. Vor allem auf den Balearen und Kanaren ist deutlich mehr los als früher. So rechnet man auf Gran Canaria mit einer Million Gästen aus Deutschland nach 861 000 vor einem Jahr.

Für Gran Canaria und die anderen spanischen Inseln ist der unverhoffte Zustrom ein Segen. Wo erst eine Monokultur für Zuckerrohr die Landschaft prägte und später Tomaten und Bananen angebaut wurden, trägt heute der Tourismus ein Drittel zur Wirtschaftsleistung bei. Addiert man die irgendwie mit Urlaubern zusammenhängenden Dienstleistungen steigt der Anteil auf 80 Prozent. Das zählt, denn in Spanien ist die Arbeitslosigkeit landesweit weiter hoch, auch wenn sie gerade unter die Marke 20 Prozent gefallen ist.

Die sieben Inseln im Atlantik werben mit dem besten Klima der Welt, weil sie bei entsprechenden Vergleichen immer auf einem der vorderen Plätze landen, was auch schon Jennifer Lopez und Christopher Lee als Urlauber zu schätzen wussten. Drei Viertel der Kanaren-Gäste kehren mindestens noch einmal zurück, ein Stammpublikum von 16 Prozent macht hier sogar mindestens zehn Mal Urlaub.

Allerdings sind die Gäste im vergleichsweise teuren Reiseland Spanien nicht ganz so glücklich wie anderswo. Die Zufriedenheit ist am höchsten in Ägypten, der Türkei und Tunesien, also ausgerechnet in den Krisenländern. Nun war die Sorge groß bei Reiseveranstaltern, dass die türkischen Hoteliers in ihrer Not angesichts nur halbvoller Häuser unzufriedene Gäste produzieren. Oder die spanischen Hoteliers angesichts des großen Andrangs ihre neuen Kunden nicht so behandeln werden, dass sie wiederkommen wollen. "Beides hat hervorragend geklappt", sagt Stefan Baumert, der als Tui-Manager über ein System verfügt, bei dem die Urlauber per Fragebogen mitteilen, wie es ihnen gefallen hat.

Die Tui hatte angesichts der Anschläge in der Türkei um die Jahreswende die Kapazitäten in Spanien aufgestockt, wo sie Marktführer ist. Auch in Italien und Griechenland baute und baut sie das Angebot aus. Gegen Ende der Sommersaison habe sich sowohl in der Türkei wie in Ägypten eine Rückkehr der Reisenden abgezeichnet. Tui-Vorstand Sebastian Ebel sieht das so: "Wenn verstörende Informationen ausbleiben, erholt sich ein Zielgebiet schnell wieder." Ägypten stehe vor einer Trendwende.

In diesem Jahr aber waren die Kanarischen Inseln die Gewinner, voran Gran Canaria. Es sind nicht zuletzt gut situierte ältere Menschen, die im Spätherbst dem trüben Wetter in Deutschland an die Dünen von Maspalomas entfliehen, für zehn Tagen, für den ganzen Winter oder auch gleich auf Dauer. Mehr als die Hälfte aller Einwanderer auf den Kanarischen Inseln stammen aus Europa, die meisten kommen aus Deutschland und Italien. Manche haben Stöcke, ihren Rollator oder einen Rollstuhl im Gepäck. Die Stewardess an Bord der Boeing 737 aus München kommt sich im Herbst und Winter bei den Trips auf die Kanaren vor wie in einem "fliegenden Pflegeheim".

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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