Thailand im Ausnahmezustand:Paradies in Gefahr

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Je länger die politische Krise in Thailand dauert, desto mehr leidet die Wirtschaft: Touristen bleiben weg und auch ausländische Investoren könnten sich zurückziehen.

Kim Bode

Der seit Ende August tobende Streit zwischen Regierung und Opposition bremst den Aufschwung der thailändischen Volkswirtschaft. Die Thailänder fürchten, ihr Land könne bei Touristen und ausländischen Investoren an Ansehen verlieren, sollte die Lage sich nicht bald beruhigen oder gar verschlechtern.

Eigentlich ist Thailand ein Urlaubsparadies, doch wegen der poltischen Krise bleiben die Touristen weg. (Foto: Foto: iStock)

Bereits am Dienstag hat Thailands Ministerpräsident Samak Sundaravej den Ausnahmezustand verhängt, nachdem es in der Nacht zuvor bei gewalttätigen Auseinandersetzungen einen Toten gegeben hatte. Die Proteste seiner Gegner halten an: Tausende Mitglieder der Volksallianz für Demokratie (PAD) belagern nach wie vor den Regierungssitz in Bangkok. Auch die Gewerkschaften beteiligen sich an den Protesten.

Noch sind die Konsequenzen überschaubar. "Wir spüren keine wesentlichen Auswirkungen", sagt Erika Dettmering von der deutschen Botschaft in Bangkok. "Allerdings rechnen wir jederzeit damit, dass Telefon, Strom oder Verkehr beeinträchtigt werden könnten." An den Flughäfen sei es jedoch bereits zu Einschränkungen gekommen. Wegen Demonstrationen an den Airports von Bangkok und Phuket hätten diese zeitweise gesschlossen werden müssen. Dies haben besonders die Touristen zu spüren bekommen.

Die Hotel- und Tourismusbranche registriert erfahrungsgemäß zuerst die wirtschaftlichen Konsequenzen politischer Unruhen, und um das Ansehen bei den Touristen sind die Thailänder ohnehin ziemlich besorgt. Nach Angaben der Thai Hotels Association (THA) sind derzeit nur 30 bis 40 Prozent der Betten in Bangkoks Hotels gebucht. Zum Vergleich: Vor einem Monat waren es noch 60 bis 70 Prozent.

Touristen bleiben weg

Dabei ist die Tourismusbranche eine starke Säule der thailändischen Wirtschaft. Der Tourismus trägt mit etwa sechs Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. 600 Milliarden Baht (etwa 12 Milliarden Euro) hätte die Branche in diesem Jahr einnehmen sollen. Die Krise koste sie allerdings schon um die 400 Millionen Baht (etwa acht Millionen Euro) an wegfallenden Touristenausgaben pro Tag, sagte der Präsident der Association of Thai Travel Agents, Apichart Sankary, der französischen Nachrichtenagentur AFP.

Vor allem Bangkok leide unter dem geringeren Interesse der Touristen. 30 Prozent weniger Ankömmlinge aus dem Ausland - so Sankarys erstes Fazit seit Beginn der Unruhen. "Die Touristen wollen einen schönen Urlaub in Thailand verbringen. Wenn die Regierung die Probleme nicht schnell und anständig lösen kann, könnte das erhebliche Auswirkungen auf die Branche haben", klagte Sankary.

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"Die Tourismusbranche steckt in tiefen Schwierigkeiten", sagte der Präsident der thailändischen Tourismusbehörde, Kongkrit Hiranyakit der Bangkok Post. Seiner Meinung nach würde die aktuelle politische Krise dem Land mehr schaden als der Tsunami im Jahr 2004. "Die Demonstrationen im ganzen Land beeinträchtigen die Touristen am Flughafen und im Bahnverkehr." Und nicht zuletzt würden die blutigen Auseinandersetzungen mit bisher einem Todesfall ein schlechtes Bild von Thailand abegeben. Eine "aggressive Image-Kampagne" soll den guten Ruf in der Welt wiederherstellen.

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Auch der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat bereits einen geplanten Zwischenstopp in Thailand während einer Delegationsreise nach Südostasien abgeblasen. "In Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt und dem thailändischen Außenministerium haben wir die Reise nach Bangkok abgesagt", sagte eine Sprecherin der hessischen Staatskanzlei. An der Reise, die am Samstag beginnt, nehmen auch rund 20 Wirtschaftsvertreter teil. "Wir können und wollen die Verantwortung für die Delegation für einen Aufenthalt in Thailand nicht tragen", heißt es zur Änderung der Reiseroute.

Der Bangkok Post zufolge haben rund ein Dutzend andere Länder eine Reisewarnung ausgesprochen. Das Auswärtige Amt in Berlin zwar noch nicht, es empfiehlt deutschen Reisenden jedoch dringend, Demonstrationen zu meiden - "auch um sich nicht dem Risiko eventueller Sprengstoffanschläge auszusetzen".

"Thai Way" soll Investoren beruhigen

Nicht nur um die wegbleibenden Touristen, auch um die Beziehungen zu ausländischen Unternehmen bangen die Thailänder: Das Board of Investment (BoI), eine staatliche Einrichtung zur Förderung von ausländischen Investitionen in Thailand, hat seine Auslandsbüros dazu aufgefordert, den neuen Investoren zu versichern, dass die Krise keine Auswirkungen auf die Geschäfte haben werde. Die Zentralen in New York, Los Angeles, Shanghai, Tokio, Osaka, Paris und Frankfurt sollen Unternehmen im Ausland, denen die thailändische Konflikt-Kultur fremd ist, beruhigen und vermitteln, dass die Lage unter Kontrolle sei.

"Wir haben einen 'Thai Way', um mit einer solchen Situation umzugehen", sagte der Chef des Frankfurter Bol-Büros, Wisan Tanthawichian. "Natürlich haben wir politische Konflikte im Land, aber das hat keine Konsequenzen für die Geschäftsbeziehungen. Wir heißen unsere ausländischen Investoren jederzeit willkommen und geben auf sie acht." Außerdem sei die Währung trotz einiger Schwankungen weiterhin recht stabil und die Inflation - gerade im Vergleich zu den Nachbarländern - eher gering. Tanthawichian: "Wir sind noch immer das Land des Lächelns."

Auch der Chef des German Global Trade Forums, Eberhard Trempel, glaubt an die Stärke der thailändischen Wirtschaft: "Man darf die Situation nicht überbewerten. Thailand hat noch immer ein stabiles Wachstum zwischen vier und sieben Prozent, das war auch unter der Militärregierung so." Im September 2006 hatte es einen Militärputsch gegeben, bis zu den Neuwahlen Ende vergangenen Jahres war eine vom Militär eingesetzte Regierung an der Macht.

Ärgerlich für die Investoren aus dem Ausland ist Trempel zufolge aber, dass der Entscheidungsprozess zur Auftragsvergabe für den Ausbau des Streckennetzes der Bahn ins Stocken geraten ist. Auch der deutsche Konzern Siemens sei hier mit im Rennen. Neu sind nach seiner Einschätzung außerdem die Streiks, die auch von der bürgerlichen Elite des Landes getragen würden. "Dies ist eine ernste Weichenstellung und die Gefahr besteht, dass anhaltende Streiks negative Auswirkungen auf die thailändische Wirtschaft haben werden."

Der Geschäftsführer der Auslandshandelskammer in Bangkok, Stefan Buerkle, hofft, dass sich die Lage schnell wieder beruhigt. Dennoch macht er sich um das deutsch-thailändische Handelsgeschäft bisher keine Sorgen: "Der Konsum und die Investitionen der Thailänder sind nach wie vor auf einem hohen Niveau. Das Handelsvolumen zwischen Deutschland und Thailand wird dieses Jahr voraussichtlich über sechs Milliarden [Euro] steigen." Unzufrieden sei er lediglich mit den Investitionen des thailändischen Staates in die Infrastruktur des Landes, die auch von der politischen Stabilität abhängen. Die Privatwirtschaft floriere jedoch: "Politik wird in Thailands Wirtschaftsleben mit relativer Gelassenheit gesehen."

Sollte es jedoch zu einer weiteren Gewaltentwicklung kommen, wäre das für Thailands Image als Investitionsstandort nicht gut, so Buerkle. Dies gelte es nun zu verhindern.

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