Teure Rohstoffe:Ölpreis treibt Inflation auf drei Prozent

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Die Inflation ist im Mai wegen des hohen Ölpreises erneut gestiegen und liegt bei drei Prozent. Experten glauben: Darunter leidet die gesamte Wirtschaft.

Der Rekordölpreis hat die Inflation in Deutschland im Mai wieder auf 3,0 Prozent springen lassen. Nach 2,4 Prozent im April stieg die Teuerungsrate damit um 0,6 Prozent, wie das Statistische Bundesamt meldete. Kräftige Preisaufschläge bei Heizöl und Diesel trieben die Inflation an. Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht stabile Preise bei Raten von knapp unter zwei Prozent gewahrt.

Dreh an der Preisschraube: Der hohe Preis für Öl treibt die Inflation in die Höhe. (Foto: Foto: dpa)

Das statistische Bundesamt führte die gegenüber dem Vormonat wieder deutlich höheren Jahresteuerungsrate vor allem auf die starken Preissteigerungen bei Heizöl und Diesel zurück. Je nach Bundesland verteuerte sich Heizöl innerhalb eines Monats um 10,3 Prozent bis 13,3 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr lagen die Preissteigerungen zwischen 49,1 und 64,6 Prozent. Diesel verteuerte sich im Vergleich zum Vormonat nochmals um bis zu 8,7 Prozent und war damit zwischen 25,8 und 27,5 Prozent teurer als vor einem Jahr.

Hysterie wird angetrieben

Die Nahrungsmittelpreise blieben im Gegensatz dazu im Mittel nahezu konstant. Gegenüber April veränderten sie sich je nach Bundesland zwischen minus 0,6 und plus 0,7 Prozent, sie lagen um 7,1 bis 9,2 Prozent höher als vor einem Jahr.

Die neuesten Inflationszahlen dürgften auch dazu beitragen, die grassierende Inflationshysterie weiter anzutreiben. 2008 wird die Inflation in Deutschland nach Prognosen der Bundesbank auf etwa drei Prozent steigen - das wäre der höchste Wert seit 15 Jahren. Prompt ist von "Inflationsalarm" und "Teuerungswelle" die Rede. Doch nach Ansicht von Ökonomen ist die Sorge vor einem wirtschaftlichen Absturz wie in den 70er Jahren ebenso unbegründet wie die Angst vor globaler Inflation.

"Gift für die Wirtschaft"

"Die um sich greifende Hysterie ist übertrieben", sagt DekaBank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. "Die Lage ist keineswegs so dramatisch wie in den 70er oder 90er Jahren." Massive Lohnsteigerungen und die Ölkrise trieben 1974 die Inflationsrate auf den Rekordwert von 7,0 Prozent. Heute ist die Situation aber ganz anders: Damals wurde der Ölhahn wegen politischer Spannungen zugedreht, was einen weltweiten Schock auslöste. Heute treibt dagegen die robuste Nachfrage den Ölpreis und weist auf ein starkes Wirtschaftswachstum weltweit hin.

Ökonomen gehen dennoch davon aus, dass die Inflation Deutschland 2008 rund 0,5 Prozentpunkte Wachstum kosten wird. "Steigende Inflationsraten sind Gift für die Wirtschaft", sagt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die Teuerung zehrt Einkommenzuwächse auf und mindert die Kaufkraft der Haushalte. Inflationsängste halten Konsumenten von der Shopping-Tour ab. Dabei sollte der Konsum als jahrelanges Sorgenkind 2008 zur Triebfeder des Aufschwungs werden - doch der Verbrauch enttäuschte im ersten Quartal mit einem Plus von nur 0,3 Prozent. Dennoch soll die Wirtschaft 2008 um rund zwei Prozent wachsen.

Gefühlte Inflation höher

Im Gegensatz zu den Ökonomen sind die Bürger sehr besorgt. Laut Umfragen glauben viele Menschen, dass ihre Lebenshaltungskosten stärker steigen als die Statistik ausweist. Diese "gefühlte Inflation" ist nach einer Umfrage der EU-Kommission in Deutschland derzeit so hoch wie zuletzt nach der Einführung des Euro-Bargeldes 2002. Die Verbraucher blicken sorgenvoll in die Zukunft: nach einer Umfrage des Instituts TNS Infratest rechnet die Mehrheit von 1300 Anlegern mit steigenden Benzin-, Strom- und Lebensmittelpreisen - obwohl diese bereits fast täglich neue Rekordstände erreichen.

In den vergangenen Monaten haben sich vor allem Produkte des täglichen Bedarfs verteuert: Die Preise für Benzin, Milch und Dienstleistungen wie Friseurbesuche oder Autoreparaturen sind kräftig in die Höhe gesprungen . "Deshalb empfinden die Verbraucher das viel stärker", sagt Statistiker Timm Behrmann. "Die Milch, die nur einige Cent teurer wurde, kauft man jede Woche - das billiger gewordene Möbelregal nur alle paar Jahre."

© sueddeutsche.de/dpa/jkf/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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