Test: Auskunft von Behörden:Geheimnisvoller Apfel

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Ist der Döner frisch? Sind die Äpfel pestizidbelastet? Diese Fragen sollten Behörden eigentlich beantworten. In der Realität hapert es damit jedoch gewaltig - wie ein SZ-Test zeigt.

S. Bigalke u. D. Kuhr

Als zum 1. Mai 2008 das Verbraucherinformationsgesetz in Kraft trat, war Horst Seehofer (CSU) voll des Lobes. Von einem "Meilenstein in der Geschichte des Verbraucherschutzes" sprach der damalige Bundesverbraucherschutzminister. Inzwischen sind zwei Jahre vergangen, und man kann ziemlich sicher sein: Seehofer würde seine Aussage heute nicht wiederholen.

Bürger haben einen gesetzlichen Anspruch auf Informationen zu Lebensmitteln, Kosmetika oder Spielzeug. Doch die Behörden verhalten sich nicht gerade verbraucherfreundlich. (Foto: Foto: dpa)

Dabei hatte sich alles so gut angehört: Mit dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) sollten Bürger erstmals einen gesetzlichen Anspruch auf Informationen zu Lebensmitteln, Kosmetika, Spielzeug oder Textilien bekommen. Sie sollten bei den zuständigen Behörden anfragen können, was die letzten Kontrollen ergeben haben, ob beispielsweise Pestizide in Äpfeln oder Uran in Mineralwasser gefunden wurde. Doch Verbraucherschützer haben das Gesetz in den vergangenen zwei Jahren mehrfach getestet - mit enttäuschenden Ergebnissen. Häufig reagierten die Behörden mit unverständlichen Antworten, erst nach langer Zeit, überhaupt nicht oder sie verlangten abschreckende Gebühren.

Acht Anfragen

Um zu prüfen, wie effektiv der neue Informationsanspruch tatsächlich ist, hat die Süddeutsche Zeitung im Dezember acht Anfragen an verschiedene Behörden in ganz Deutschland verschickt - ohne SZ-Briefkopf, sondern als Privatanfragen formuliert. Das Ergebnis ist schon allein deshalb bemerkenswert, weil es extrem unterschiedlich ausfiel. Während ein Amt allein aufgrund der Anfrage zwei Lokale kontrollieren ließ, haben drei Behörden auch nach viereinhalb Monaten immer noch nichts von sich hören lassen. Dazu zählen das Umwelt- und Verbraucherschutzamt in Köln sowie die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz in Berlin.

Die Anfragen wären ohne großen Aufwand zu beantworten gewesen. So wollte eine Testerin wissen, wann ein bestimmtes Döner-Lokal in Berlin zuletzt von der Lebensmittelüberwachung kontrolliert wurde und was dabei herausgekommen ist. Auf die Antwort wartet die Testerin bis heute vergeblich. Ein Anruf bei der Senatsverwaltung am Donnerstag ergab: Die Anfrage müsse auf dem Postweg verloren gegangen sein, sie sei nirgends im Haus auffindbar, sagte eine Sprecherin.

Dass es auch anders geht, zeigt das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt Bergisch-Gladbach. Dort hatte eine Testerin gefragt, ob zwei bestimmte Restaurants Schinkenimitate verwenden. Im Antwortschreiben teilte die Behörde mit, sie habe aufgrund der Nachfrage in beiden Betrieben "gezielte Kontrollen außerhalb der planmäßigen Kontrollen" veranlasst. "In beiden Fällen konnte Ihr Verdacht bestätigt werden, dass Schinkenerzeugnisse ohne korrekte Kenntlichmachung verwendet wurden." Die Behörde teilte mit, sie habe gegen die Betriebe Verfahren eingeleitet, und versprach, zu überprüfen, ob sich die Restaurants in Zukunft an die Vorschriften halten.

"Zu bürokratisch, wenig transparent"

Bei anderen Ämtern dagegen blieben die Antworten unbefriedigend. So fragte ein Tester in Bonn, ob bei einer Lakritz-Sorte das Schimmelpilz-Gift Ochratoxin A gefunden wurde. Als Antwort las er: Bei Süßwaren existiere "für den Gehalt an Ochratoxin A weder ein gesetzlich festgelegter Grenzwert noch ein Richtwert zur Orientierung". Ob das Gift gefunden wurde, weiß er bis heute nicht.

Auch die Verbraucherorganisation Foodwatch sowie der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatten festgestellt, dass die Antworten der Behörden selten hilfreich sind. Trotzdem hält die jetzige Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) das VIG für gelungen. Im ersten Jahr des Inkrafttretens seien vier Fünftel der fast 500 Anfragen kostenlos gewesen, lobte sie kürzlich. Bei 70 Prozent seien die Fristen eingehalten worden. Zum Gehalt der Antworten äußerte sie sich nicht. Mitte Mai will das Ministerium eine Bilanz ziehen.

Für den FDP-Verbraucherschutzpolitiker Erik Schweickert steht jetzt schon fest: "Das Gesetz ist längst noch nicht perfekt." Es sei "zu bürokratisch, kompliziert und für den Bürger wenig transparent". Er schlägt vor, ein Smiley-System zu prüfen nach dänischem Vorbild. Dort vergeben die Lebensmittelkontrolleure Aufkleber mit Gesichtern, die freundlich oder betrübt schauen, je nach dem, wie die Kontrolle ausgefallen ist. Jedes Lokal muss das Smiley im Schaufenster veröffentlichen. Schweickert: "Umfragen belegen, dass die Bürger ein solches transparenteres System wünschen."

© SZ vom 30.04./01./02.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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