Telekom-Prozess:Verzweifelte Suche nach Beweisen

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Die Hoffnung war groß, die Enttäuschung könnte umso größer sein: Im Prozess um den Kurssturz der T-Aktie wackelt ein wichtiges Argument der Anleger.

Markus Zydra

Im Musterprozess gegen die Deutsche Telekom stehen die Chancen der Klägerseite schlecht. Der Vorsitzende Richter des 23. Zivilsenats am Frankfurter Oberlandesgericht, Christian Dittrich, machte am Donnerstag deutlich, dass ein Versäumnis der Telekom nach derzeitigem Stand nicht zu sehen ist. "Das haben Sie bislang noch nicht bewiesen", entgegnete Dittrich am 14. Verhandlungstag dem Klägeranwalt Peter Gundermann von der Kanzlei Tilp.

Im Telekom-Prozess stehen die Chancen der Kläger offenbar schlecht. (Foto: Foto: dpa)

In dem Musterprozess wird stellvertretend für 17.000 Privatanleger in 2700 anhängigen Prozessen entschieden, ob der Börsenprospekt zur dritten T-Aktien-Platzierung aus dem Jahr 2000 falsch war. Die Sparer klagen auf Schadenersatz für die Kursverluste. Die Zeichnungsfrist für diese dritte Aktientranche begann am 26. Mai 2000.

Glaube an den Trumpf

Am 23. Juli 2000 wurde die Übernahme der US-Mobilfunkgesellschaft Voicestream durch die Telekom bekanntgegeben. Die Klägerseite behauptet, dass dieses Übernahmegeschäft schon vorher bei der Telekom beschlossene Sache gewesen sei. Die Information hätte deshalb in den Börsenprospekt gehört, um die Privatanleger richtig zu informieren. Die T-Aktie hat nach der Übernahme von Voicestream deutlich an Wert verloren. "Bei der Prospekterstellung stand nicht fest, dass die Telekom Voicestream kaufen wolle", sagte Richter Dittrich am ersten Verhandlungstag im neuen Jahr, nachdem der Prozess seit Mai 2008 ausgesetzt war.

Dabei glaubten die Musterkläger, einen Trumpf in der Hand zu halten. Richter Dittrich folgte im August ihrem Antrag und forderte die Deutsche Telekom auf, die Aussageprotokolle führender Telekom-Vorstände aus einem US-Zivilstreit vorzulegen. Das Schadenersatzverfahren ging 2005 vor einem New Yorker Amtsgericht mit einem Vergleich zu Ende. Die Telekom zahlte 120 Millionen Dollar an die US-Kläger.

Vorgelegt wurden die damaligen Antworten von Ex-Telekom-Chef Ron Sommer, seines Nachfolgers Kai-Uwe Ricke, des scheidenden Telekom-Finanzvorstands Karl-Gerhard Eick und des früheren Vorstandsmitglieds Jeffrey Hedberg. Ihre Aussagen in den USA sollten mit denen vor dem Frankfurter Oberlandesgericht auf Unstimmigkeiten hin verglichen werden. Nach Durchsicht des Dossiers teilte der Senat nun jedoch mit, keine großen Differenzen zwischen den beiden Aussagen erkennen zu können.

Geschwärzte Protokolle

Klägeranwalt Gundermann hielt der Telekom Beweisunterdrückung vor, weil große Teile der Protokolle geschwärzt wurden. Sie hätten den Charakter eines "gravierenden Lückentextes". Das Gericht kritisierte daraufhin die Verhandlungsführung der Klägerseite. "Man kann nicht so einfach unterstellen, dass bei den Schwärzungen getürkt wurde", sagte Richter Dittrich. "Herr Gundermann, sie denken ständig, dass andere Leute was ganz Schlimmes machen, was vielleicht nicht der richtige Ansatz ist", so der Richter. Das Gericht will aber dennoch über den Vorschlag von Telekom-Anwalt Bernd-Wilhelm Schmitz nachdenken, sich die Original-Unterlagen vorlegen zu lassen. Die Telekomanwälte verteidigten die Streichungen damit, es gehe um eine nicht zulässige Ausforschung der Telekom-Manager.

Der Frankfurter Zivilsenat drückt erkennbar auf das Verhandlungstempo - Richter Dittrich scheidet Anfang 2010 aus dem Dienst aus. Ist der Prozess bis dahin nicht beendet, muss die Beweisaufnahme womöglich wiederholt werden. Dittrich lehnte deshalb Erweiterungen des Prozessgegenstandes, etwa um die aktuelle Telekom-Spitzelaffäre, ab. Die Spitzeleien hätten nichts mit dem Prospekt von 2000 zu tun. Bis Ende April sollen sich beide Parteien abschließend zu den Streitfragen äußern.

© SZ vom 16.01.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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