Teilverkauf an Fujitsu Siemens beschlossen:Siemens spaltet Krisensparte SBS auf

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Siemens greift in seinem größten Problemfeld Siemens Business Services (SBS) mit weltweit 39 000 Beschäftigten durch. Der Konzern zerlegt den IT-Dienstleister und verkauft das Geschäft mit produktnahen Dienstleistungen (PRS) an Europas größten PC-Hersteller Fujitsu Siemens.

Markus Balser

Mit dem Verkauf zum 1. April 2006 setzt Siemens-Chef Klaus Kleinfeld seinen radikalen Sanierungskurs in den Problemsparten des Konzerns fort. Zum 1. Oktober war bereits das Handygeschäft an den taiwanesischen BenQ-Konzern abgegeben worden. Auch die Logistiksparte L&A hatte Kleinfeld nach schwacher Ergebnissen aufgelöst.

Fujitsu Siemens Computers (FSC) wolle das Geschäftsfeld als Ganzes erhalten, erklärte Konzernchef Bernd Bischoff. Es solle den Kern einer neuen Serviceeinheit bilden und als selbständige Gesellschaft weitergeführt werden.

Zum Kaufpreis vereinbarten die Unternehmen Stillschweigen. Siemens werde aus dem Verkauf einen Gewinn erzielen, erklärte Konzernchef Kleinfeld lediglich. Nach Angaben aus Finanzkreisen könnte Siemens mit dem Verkauf etwa 300 Millionen Euro erlösen.

Bis zum späten Nachmittag verhandelte Fujitsu-Siemens-Präsident Bernd Bischoff in der Siemens-Zentrale am Wittelsbacher Platz in München. "Die Gespräche waren äußerst schwierig", sagten Teilnehmer der Süddeutschen Zeitung.

Strategische Bedeutung

Der Beirat von Fujitsu Siemens Computers hatte dem Vorhaben bereits zugestimmt. Letzte strittige Punkte wie der Verkaufstermin ließen sich aber offenbar nur schwer lösen. Mit der Trennung zum April muss Siemens nun noch für die Verluste des Geschäftsfeldes in den ersten beiden Quartalen aufkommen.

Nach SZ-Informationen geht der Konzern für SBS insgesamt von einem erneuten Verlust von mehreren hundert Millionen Euro im laufenden Geschäftsjahr aus. Die von Kleinfeld geforderten Margenziele von fünf bis sechs Prozent, an deren Erreichen bis Mitte 2007 die gesamte Siemens-Führung ihr Schicksal geknüpft hat, rückt damit in weite Ferne.

Siemens müsste binnen weniger Monate den Sprung aus einem hohen Millionenverlust in Größenordnungen eines dreistelligen Millionengewinns schaffen - nach Analysteneinschätzung in der gegenwärtigen Branchensituation ein beinahe unmögliches Unterfangen.

Für Fujitsu Siemens hat der bevorstehende Einstieg in das SBS-Wartungsgeschäft strategische Bedeutung. Analysten zufolge zählt ein Großteil der SBS-Kunden in der Wartung auch gleichzeitig zu Kunden von FSC. Zudem ermögliche das Wartungsgeschäft den Ausbau des Geschäfts mit neuen Kunden. "Wir sehen in der Übernahme einen wichtigen strategischen Schritt", erklärte Bischoff.

Das Unternehmen gehe davon aus, dass die Übernahme die Profitabilität des Konzerns erhöhe. Wichtig für FSC sei es auch gewesen, dass die Wartung nicht in die Hände eines Konkurrenten wie Dell falle. Denn so könnte die Konkurrenz über die Wartung Einblicke in FSC-Technologien bekommen und dem Computerhersteller das Wasser abgraben. Allerdings könnten weitere Sanierungsschritte das Ergebnis von Fujitsu Siemens belasten, fürchten Branchenkenner.

Hohe Verluste

Fujitsu Siemens werde die Sanierung des Geschäftsfeldes weiter vorantreiben, kündigte Bischoff an. Ein zusätzlicher Stellenabbau sei nach aktuellem Stand nicht nötig. Das Geschäftsfeld, zu dem etwa die Wartung von Großrechnern gehört, zählt zu den drei großen Standbeinen von SBS und steht für mehr als ein Viertel der Gesamterlöse von 5,4 Milliarden Euro.

Zuletzt galt es allerdings auch als größter Krisenherd. Wie PRS ist die gesamte Sparte SBS defizitär, zuletzt mit einem Bereichsverlust von 690 Millionen Euro. Siemens-Chef Kleinfeld war die Sparte schon seit längerem ein Dorn im Auge. Zuletzt hatte Siemens der Sparte ein hartes Sanierungsprogramm verordnet. Zusätzlich zum Abbau von 950 Stellen hat SBS angekündigt, in Deutschland 2400 Arbeitsplätze und international weitere 3000 Stellen zu streichen.

Eine Lösung für die SBS-Felder zu finden, bereitete nach Brancheninformationen enorme Probleme. Zwar wächst der Markt für IT-Dienstleistungen leicht. Ihre Globalisierung führte jedoch zu massiven Überkapazitäten. Im internationalen Wettbewerb tun sich die europäischen Anbieter SBS, T-Systems, Atos Origin oder Cap Gemini schwer. Zwar sind sie auf ihren nationalen Heimatmärkten stark, international aber nicht groß genug, um langfristig im globalen Wettbewerb zu bestehen.

In Konkurrenz zu global agierenden Anbietern wie Accenture oder IBM, denen der stärkere Aufbau von Kapazitäten in Indien und China eine Mischkalkulation ermöglicht, können die Europäer auf Dauer nur schwer mithalten. Vor allem die Amerikaner seien Europäern beim Aufbau von Offshore-Kapazitäten voraus, heißt es. Auch das SBS-Wartungsgeschäft mit 5000 Mitarbeitern ist in eine strukturelle Krise geraten.

© SZ vom 22. Dezember 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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