Tarifstreit der Lokführer:Moderator gesucht

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Im Tarifstreit zwischen Lokführern und Bahn redet Gewerkschafts-Chef Manfred Schell plötzlich von einem Schlichter. Doch vor einer Schlichtung müsste erst einmal das Verfahren dafür geregelt werden.

Detlef Esslinger

Nun also doch noch eine Schlichtung? Sollte in dem Tarifkonflikt bei der Bahn doch noch jener Weg eingeschlagen werden, der in anderen Unternehmen und Branchen längst Usus ist, wenn sich Arbeitgeber und Gewerkschaft nicht einig werden?

"Wenn irgendein sogenannter Moderator hineinkommen sollte, der dann versucht, irgendetwas in die Wege zu leiten, dann würden wir uns nicht dagegen sperren" - so formulierte es GDL-Chef Manfred Schell am Dienstag im Fernsehsender N 24.

Dies wurde von der Bahn flugs so interpretiert, als zeige sich die Gewerkschaft für eine Schlichtung aufgeschlossen. Personalvorstand Margret Suckale erklärte, "unsere ständigen Appelle" zeigten offensichtlich Wirkung. Doch vor einer Schlichtung müsste erst einmal das Verfahren dafür geregelt werden.

Schlichtungsabkommen

Für solche Fälle gibt es im Normalfall Schlichtungsabkommen zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaft. Darin ist unter anderem geregelt, ob ein oder zwei Schlichter beauftragt werden sollen, wer von ihnen in der Schlichtungskommission Stimmrecht hat, und so weiter.

Hier aber gibt es ein solches Abkommen nicht mehr - die GDL hat es im Mai 2006 gekündigt.

Das war der Zeitpunkt, zu dem sie beschloss, sich aus der Tarifgemeinschaft aller Bahn-Beschäftigten zu verabschieden und nur noch einen eigenständigen Tarifvertrag für das Fahrpersonal akzeptieren zu wollen. Und Teil des Beschlusses ihrer Generalversammlung war, das Schlichtungsabkommen ersatzlos zu kündigen.

Letzter Arbeitskampf 2003

Ihren bis dato letzten Arbeitskampf fochten GDL und Bahn im Frühjahr 2003 aus - damals gab es zwar eine Schlichtungsempfehlung der beiden Schlichter, des früheren sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf und des Passauer Arbeitsrechtlers Wolfgang Hromadka.

Aber die Bahn wollte der GDL in der empfohlenen Vereinbarung nicht die Tarifführerschaft für die Lokführer garantieren. Die GDL stellte sich auf den Standpunkt, damit sei die Grundlage für jede Schlichtung entfallen. Die Kündigung des Abkommens drei Jahre später war für sie der logische Schritt, um dem Konzern ihre Entschlossenheit klarzumachen.

Wenn GDL-Chef Schell nun gedrechselt von "irgendeinem sogenannten Moderator" spricht (also das Wort "Schlichter" bewusst vermeidet), so geschieht dies auf Grundlage der Erfahrung von 2003: Solange die Bahn ihm nicht den eigenen Tarifvertrag zugesteht, will er sich nicht in das förmliche Verfahren der Schlichtung abdrängen lassen.

In der GDL-Zentrale heißt es daher nur, sollte die Bahn den Entwurf für ein neues Schlichtungsabkommen schicken, "werden wir uns intensiv damit befassen".

Neutraler Sachverständiger

Die Bahn erneuerte am Dienstag auch einen Vorschlag, den Personalvorstand Suckale bereits vor einigen Wochen gemacht hatte: einen neutralen Sachverständigen zu berufen, der die Gehalts-Eingruppierungen bei der Bahn überprüfen solle.

Dessen Spruch werde sich das Unternehmen auch dann unterwerfen, wenn er für sie ungünstig sei. Die GDL hält von der Idee nichts - weil der Sachverständige wohl mehrere Monate brauchen würde, bis er zu einem Ergebnis käme, nähme seine Berufung ihrem Arbeitskampf allen Schwung.

Auf ein Verfahren mit solch ungewissem Ausgang wird die Gewerkschaft sich kaum einlassen, auch wenn Suckale am Dienstag die Äußerung des Vorsitzenden auf ihre eigene Art interpretierte: "Nun soll Herr Schell seinen Worten auch Taten folgen lassen."

© SZ vom 08.08.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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