Tarifeinigung bei der Telekom:Zwei Sieger

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Im Tarifstreit bei der Telekom hätte es für das jetzt erzielte Ergebnis wohl keinen Streik geben müssen. Doch das dürfte den beiden Parteien egal sein: Sie dürfen sich beide als Sieger fühlen.

Paul Katzenberger

Der Pulverdampf lichtet sich - der Streik bei der Deutschen Telekom ist beendet. Wie immer bei Tarifauseinandersetzungen beruht die Einigung auf Kompromissen: Die Telekom rückt von ihrer Forderung nach einer neunprozentigen Lohnabsenkung teilweise ab, dafür setzt sich der Ex-Monopolist bei der geforderten Erhöhung der Arbeitszeit um vier auf 38 Stunden vollständig durch.

Das ist im Kern das Ergebnis dieser Auseinandersetzung, auch wenn die Telekom weitere kleinere Zugeständnisse machte, wie etwa den zugesagten Kündigungsschutz um ein Jahr auf 2012 zu verlängern oder einen Teil der Mehrarbeit als Weiterbildungszeit zu akzeptieren.

Doch das ist Lametta: Im Wesentlichen kann es sich Verdi auf die Fahnen schreiben, dass der Lohn nicht um neun Prozent, sondern lediglich um 6,5 Prozent abgesenkt wird.

2,5 Prozentpunkte

Mancher Beobachter wird sich fragen, ob eine Lohnabsenkung, die nur 2,5 Prozentpunkte hinter der ursprünglichen Forderung des Managements zurückbleibt, einen wochenlangen Streik rechtfertigt. Denn sehr viel weiter liegt das Ergebnis schließlich nicht von den ursprünglichen Forderungen der Telekom entfernt.

In der Tat hätten beide Seiten diese Einigung wohl auch ohne Streik erzielen können. Doch das Säbelrasseln gehört nun mal zu den hiesigen Ritualen des Interessenausgleichs zwischen Arbeit und Kapital.

Immerhin waren die Telekom-Pläne für Verdi ein willkommener Anlass, endlich auch einmal Mobilisierungskraft und Kampffähigkeit zu demonstrieren. In dieser Hinsicht haben ihr die Kollegen von der IG Metall noch immer einiges voraus.

Argument für die Mitglieder

Den Mitgliedern, die bei der Telekom organisiert sind, kann Verdi das Verhandlungsergebnis zudem nun als Erfolg verkaufen: "Mitgliederbeiträge lohnen sich", wird es nun auf Seiten der Gewerkschaft heißen.

Auf der anderen Seite macht das Telekom-Management nun trotz des Streiks nur wenige Zugeständnisse, die bei einem frühzeitigeren Einlenken möglicherweise höher hätten ausfallen müssen. Damit demonstriert der Konzern seinen Willen, das Unternehmen kostengünstiger und servicefreundlicher zu machen.

Doch das ist die politische Dimension dieser Auseinandersetzung. Sie bewahrte Verdi nicht davor, die harten wirtschaftlichen Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Immerhin verliert die Telekom Tag für Tag Kunden im Festnetzgeschäft. Was die Arbeitsbedingungen angeht, sind diese auch nach der Einigung immer noch besser als bei vielen Wettbewerbern.

Drohpotential

De facto standen sich in diesem Tarifstreit zwei starke Parteien gegenüber: Eine Gewerkschaft, die im bestreikten Unternehmen über einen hohen Organisationsgrad verfügt und mit diesem Pfund auch mal wuchern wollte, sowie ein Management, das auf Grund des Wettbewerbsdrucks ebenfalls mit Drohpotential ausgestattet ist.

Die schnelle Einigung am Schluss spricht dafür, dass beide Seiten die jeweilige Stärke der Gegenpartei kannten.

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