Talente: Prinz William (7):Königlicher Lehrling

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Prinz William ist zweifellos das größte Nachwuchstalent des steuerfinanzierten Unternehmens "Britisches Königshaus". Viele Briten halten ihn als Thronfolger für geeigneter als seinen Vater Charles.

Andreas Oldag

Auf Prinz William und seine Freundin Kate Middleton lohnt die Wette nicht. Wer auf eine baldige Verlobung des Paares setzt, kann allenfalls das Doppelte oder Dreifache seines Einsatzes gewinnen. Wetten darauf, wer der nächste englische Fußballmeister wird, sind weitaus lohnender. Für die Buchmacher steht offenbar fest, dass Prinz William Arthur Philip Louis schon bald den Wunsch seiner Untertanen nach einer Traumhochzeit erfüllt. Und das, obwohl sich der 25-Jährige noch im vergangenen Jahr zeitweise von seiner Freundin getrennt hatte, was in der britischen Boulevardpresse zu einem kollektiven Aufschrei führte, gefolgt von Spekulationen über das Privatleben des Prinzen.

Prinz William im Wehrdienst: "Wenn ich zum Militär gehe, dann weil ich dorthin will, wo unsere Männer sind." Als künftiger König wird er eines Tages Oberbefehlshaber der britischen Streitkräfte sein. (Foto: Foto: AFP)

Aber was ist schon privat in der königlichen Firma? Schließlich sind die Produkte, um die es geht, der Vorstandsvorsitzende und sein Anhang selbst. Nicht erst seit den turbulenten Liebschaften von Prinz Williams Mutter, der verstorbenen Prinzessin Diana, spielt deshalb die Frage: "Wer mit wem?" eine zentrale Rolle. Von Prinz William hängt die Zukunft einer Institution ab, die nach wie vor bei den Investoren, den britischen Steuerzahlern, großen Anklang findet. Anders als sein jüngerer Bruder Harry, der wegen seiner Eskapaden bekannt und von der britischen Presse als "Möchtegern-Playboy" bezeichnet wird, hat sich Prinz William den Ruf eines würdigen Thronnachfolgers erworben. Umfragen zufolge halten viele Briten den jungen Mann sogar für geeigneter als seinen Vater Charles.

Keine Frage des Wollens, sondern eine Pflicht

Kein Zufall also, dass die heute 82-jährige, aber noch äußerst rüstige Königin Elizabeth II. ihren Enkel bereits intensiv mit den Staatsgeschäften eines künftigen Monarchen vertraut macht. Er halte sich auffallend häufig in ihrer offiziellen Londoner Residenz, dem Buckingham Palace, auf, wo er die Feinheiten des Protokolls lerne, wissen die Hof-Auguren. Aus dem königlichen Lehrling soll so ein formidabler Chef werden, der das Image des Königshauses als moderne und volksnahe Institution im 21. Jahrhundert prägt.

Die Monarchie gleicht einem Unternehmen, beide brauchen ein effizientes Management. Die Queen gilt als äußerst detailverliebt. Sie kennt sich in den königlichen Finanzen ebenso gut aus wie in den komplizierten Verästelungen des königlichen Haushalts. Dieser hat 1200 Mitarbeiter - vom Pferdepfleger bis hin zum Privatsekretär. Das Arbeitspensum der Queen stellt sogar das eines vielbeschäftigten Vorstandschefs in den Schatten: Sie empfängt pro Jahr etwa 50.000 Gäste. Hinzu kommen mehr als hundert Reisen im In- und Ausland. In den königlichen Residenzen arbeiten Kolonnen von Reinigungskräften, Köchen und Gärtnern. Das alles prägt die Marke Windsor.

"Das Letzte, was ich will, ist in Watte gepackt zu werden", betonte Prinz William stets. Damit brachte er sich bei den Briten als hart arbeitender Kandidat für die Thronnachfolge ins Gespräch. Jedenfalls hat er sich nach Meinung von erfahrenen Beobachtern des Königshauses schon längst von einem schüchternen Teenager zum selbstbewussten jungen Mann entwickelt, der eines Tages eine der wichtigsten Positionen im Vereinigten Königreich übernehmen könnte. Bei einem seiner ersten offiziellen Auftritte 1991 in einer Schule in Cardiff quittierte er kleine Gastgeschenke von Kindern mit einem vorsichtigen "danke". Doch spätestens in der Elite-Schule Eton, die nicht gerade für zimperliche Erziehungsmethoden bekannt ist, wurde der Prinz auf den Ernst des Lebens vorbereitet. In Eton profilierte er sich nicht nur als fleißiger Schüler, sondern auch begeisterter Fußball- und Rugby-Spieler. Später studierte er an der schottischen Universität St. Andrews in Fife Geographie. 2005 legte er den Master's Degree ab.

Im Gegensatz zu seinen Schul- und Studienkollegen hatte Prinz William jedoch nie die Freiheit, über seine Karriere zu entscheiden. Ob er über Alternativen zur Thronnachfolge jemals ernsthaft nachgedacht hat, ist jedenfalls nicht bekannt. Er habe zwei mehrwöchige Praktika - eines bei einem Radiosender in Südamerika und das andere bei der Großbank HSBC - sehr genossen, heißt es im Königshaus.

Vielleicht waren es bislang die einzigen Stationen in seinem Leben, die weniger fremdbestimmt waren. "Es ist nicht eine Frage des Wollens, es ist etwas, in das ich hineingeboren bin, und es ist meine Pflicht", hat er einmal über den Vorstandsvorsitz der "Royal Inc." gesagt.

Genauso staatsmännisch hört es sich an, wenn er auf seine derzeitige militärische Laufbahn angesprochen wird. "Wenn ich zum Militär gehe, dann weil ich dorthin will, wo unsere Männer sind", erklärte der Prinz. So hat er Anfang Juni einen zweimonatigen Dienst auf einem Schiff der königlichen Marine in der Karibik angetreten, wo er an Patrouillen zum Aufbringen von Drogenschmugglern teilnimmt. William ist zwar ein Heeresoffizier, nimmt aber auch an Ausbildungseinheiten anderer Truppenteile teil. Als künftiger König wird er eines Tages Oberbefehlshaber sämtlicher britischer Streitkräfte sein. So schloss er kürzlich auch seinen Schnellkurs zur Kampfpiloten-Ausbildung ab.

Spritztour per Hubschrauber

Wie rasch dabei allerdings die feine Linie zwischen dem, was ein künftiger König darf und nicht darf, überschritten wird, zeigte ein Vorfall Anfang April. Das britische Verteidigungsministerium musste bestätigen, dass William während eines Übungsfluges mit einem Hubschrauber der Luftwaffe am Haus der Eltern seiner Freundin Kate gelandet war. Zuvor hatte er ebenfalls mit einem Militärhubschrauber seinen Bruder Harry abgeholt, um zu einem Junggesellenabschied zu fliegen. Das Verteidigungsministerium räumte später sogar ein, die Auswahl der Ziele für die Trainingsflüge sei "etwas naiv" gewesen. Williams Großmutter war sicherlich nicht erfreut. Durch solche privaten Spritztouren ihres Enkels entsteht der Eindruck, dass es das Königshaus als steuerfinanzierte Unternehmung mit der Sparsamkeit nicht ganz so genau nimmt.

Was ein Schloss kostet Die Briten lassen sich ihr Königshaus einiges kosten: Im abgelaufenen Haushaltsjahr 2006/07 waren es exakt 37,3 Millionen Pfund, umgerechnet etwa 47 Millionen Euro. Das seien jedoch nur 62 Pence pro Bürger, rechnet Sir Alan Reid, oberster Verwalter der königlichen Finanzen. Die Ausgaben werden durch das Parlament genehmigt. Schließlich ist das Vereinigte Königreich eine konstitutionelle Monarchie. Einen großen Teil der laufenden Ausgaben der Queen listet die für einen Zeitraum von jeweils zehn Jahren festgelegte Zivilliste (civil list) auf. Darunter fallen zum Beispiel Personalkosten und Staatsbesuche. Für die sehr umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen der königlichen Familie, etwa 100 Millionen Pfund jährlich, kommt der Staat auf. Auch den Unterhalt ihrer offiziellen Residenzen Buckingham Palace, Windsor Castle und Holyroodhouse in Edinburgh begleichen die Steuerzahler, denn diese Schlösser sind Staatseigentum. Nur ihre Sommerresidenzen in Schottland und England sind Privatbesitz der Königin. Zudem hat die Monarchin durch das Herzogtum Lancaster große private Ländereien. Diese umfassen in England und Wales eine Fläche von knapp 19000 Hektar. Den Angaben des Hofes zufolge erwirtschaften diese jährlich einen Gewinn von etwa acht Millionen Pfund. Die Summe fließt zunächst in einen Trust, aus dem die Königin private Ausgaben für sich und ihre Familie bestreitet. Seit 1993 zahlt die Königin auf ihre privaten Einkünfte Einkommensteuern.

© SZ vom 16.06.2008/dgr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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