Streit unter Schornsteinfegern:Kehren und kämpfen

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An Silvester ein Glücksbringer, ansonsten ein Zankapfel: Seit einem Jahr herrscht bei den Schornsteinfegern der freie Wettbewerb. Nach dem Fall des Monopols streiten sie jetzt um Pfründe.

Martina Farmbauer

Schornsteinfeger gelten als Glücksbringer. Wer sie zum Jahreswechsel trifft, freut sich. Wenn sie sich allerdings untereinander treffen, zoffen sie sich neuerdings. In Deutschland herrscht seit Anfang des abgelaufenen Jahres eine Art Krieg der Schornsteinfeger.

Zu Silvester sind sie beliebte Glücksbringer, in der Realität gibt's Krach: Beim Streit der Schornsteinfeger geht es um den freien Wettbewerb, das "Kehrmonopol" und Pfründe. (Foto: Foto: dpa)

Bis zum 1. Januar 2009 war die Welt für die deutschen Kaminkehrer noch in Ordnung. Seitdem die Nationalsozialisten im Jahr 1935 das "Kehrmonopol" erlassen hatten, durften Wohnungs- und Hauseigentümer gesetzlich vorgeschriebene Tätigkeiten wie Kehrungen, Überprüfungen und Messungen nur von dem jeweiligen Bezirksschornsteinfeger vornehmen lassen - bis Jahrzehnte später die Europäische Union einschritt.

Umweg über ausländische Betriebe

Sie sah in dem Monopol einen Verstoß gegen die Dienst- und Niederlassungsfreiheit und leitete 2003 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein. 2008 beschloss die Bundesregierung, das Schornsteinfegergesetz zu ändern. Jetzt ist das erste Jahr vorüber, in dem hierzulande freier Wettbewerb herrscht, und schon gibt es Streit.

Seit dem 1. Januar 2009 können auch Kaminkehrer aus anderen EU-Ländern in Deutschland arbeiten. Nur andere deutsche Schornsteinfeger haben in den Kehrbezirken vorerst weiter nichts zu suchen. Deshalb nehmen die 100 freien deutschen Kaminkehrer den Umweg über die Anstellung bei einem Betrieb im EU-Ausland, vor allem in Österreich, oder auch der Schweiz.

"Das stößt natürlich jedem Bezirksschornsteinfegermeister sauer auf, wenn ein anderer in seinen Kehrbezirk kommt und dort Arbeiten übernimmt", sagt Freien-Sprecher Kai Behrens. Beim Zentralinnungsverband (ZIV), in dem die 8000 Bezirksschornsteinfeger organisiert sind, herrscht jedoch nicht nur Ärger darüber, dass sich freie deutsche Kaminkehrer über ausländische Firmen Zugang zum Markt in der Bundesrepublik verschaffen.

ZIV-Präsident Hans-Günther Beyerstedt hält dies sogar für illegal. So laufen derzeit an verschiedenen Gerichten mehrere Verfahren des ZIV gegen die Konkurrenten. "Es ist die Aufgabe unseres Verbandes, seine Mitglieder zu beschützen", begründet Beyerstedt das harte Vorgehen. Wie lange ihm dies noch gelingen wird, ist allerdings offen. Nach einer Übergangszeit bis zum 31.Dezember 2012 soll das "Kehrmonopol" nämlich ganz fallen und die Verbraucher ihren Rauchfangkehrer völlig frei wählen können.

Bedeutet das den Kehraus für die Bezirksschornsteinfeger? "Das wird ganz viele Bürger freuen", ist sich Christian Michaelis, Energie-Experte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, jedenfalls sicher. Er bekommt einige Klagen über Kaminkehrer, etwa, dass sie unfreundlich, oder ihre Leistungen intransparent und teuer seien.

Freie Schornsteinfeger sind flexibler, aber nicht günstiger

Doch die Liberalisierung bedeutet für die Verbraucher nicht nur eine neue Freiheit, sondern auch mehr Verantwortung. Hat der Kaminkehrer bisher organisiert, wann er in ein Haus oder eine Wohnung kommt und was dort zu tun ist, muss sich der Eigentümer nun selbst darum kümmern, dass die Aufgaben, die im Feuerstättenbescheid aufgeführt sind, erledigt werden.

Ob die Neuerung glücklich für die Millionen betroffener Haushalte in Deutschland ist, ist unklar. Die freien Schornsteinfeger sind flexibler bei der Terminabsprache und stellen einfachere Rechnungen als ihre Kollegen von der Innung. Aber ob sie wirklich günstiger sind, daran hat Verbraucherschützer Michaelis aufgrund zusätzlicher Kosten, die zum Beispiel für weitere Anfahrtswege anfallen, seine Zweifel.

© SZ vom 31.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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