Strauss-Kahn: Pläne für den IWF:Der Weltreformer

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IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn hat früh vor den Folgen der Finanzkrise gewarnt - nun will er den IWF zum globalen Kontrolleur der Finanzmärkte machen.

Michael Kläsgen

Dominique Strauss-Kahn will den Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington noch stärker reformieren, als er es bisher getan hat. Sein Vorschlag: Die 1944 gegründete Organisation könnte globaler Kontrolleur der Finanzmärkte werden.

IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn fordert globale Regeln, für deren Einhaltung die Organisation garantieren könne. (Foto: Foto: Reuters)

"Wir sind bereit, diese Rolle zu übernehmen, wenn man uns dazu das Mandat erteilt", sagte der 59 Jahre alte frühere französische Wirtschafts- und Finanzminister, der seit knapp einem Jahr an der Spitze des IWF steht. Sollte er sich durchsetzen, wäre das die wohl stärkste Veränderung des Währungsfonds in dessen Geschichte - und sie würde der in einer Legitimationskrise steckenden Organisation ein ganz neues Profil geben.

Dabei hat Strauss-Kahn in seinem ersten Amtsjahr bereits viel bewegt. Aus der Sicht des eher betulichen Währungsfonds war das mitunter geradezu revolutionär. Kurz nach seinem Amtsantritt, im Dezember 2007, kündigte der Sozialdemokrat ein Sparprogramm an, das den Abbau von fast 400 der 2700 Stellen im Währungsfonds vorsah. Die Mitarbeiter, die sich bis dato wie unkündbare Beamte fühlten, mussten plötzlich um ihren Job bangen, wie andere Arbeitnehmer auch.

Außerdem beschloss Strauss-Kahn, 400 Tonnen der Goldreserven des Fonds zu verkaufen und gewinnbringend anzulegen. Der Fonds soll nach seinen Vorstellungen künftig von den Zinserträgen leben und nicht mehr auf die Zinszahlungen der Kreditnehmer, das heißt Mitgliedsländer, angewiesen sein.

Mehr Mitspracherecht für Länder wie Indien und China

Im März beschleunigte Strauss-Kahn das Reformtempo noch weiter. Der IWF-Verwaltungsrat verabschiedete auf sein Drängen hin eine Grundsatzreform, die dem Fonds ein gänzlich neues Gesicht geben wird. In Zukunft sollen Länder wie Indien, China, Mexiko und Brasilien ein größeres Mitspracherecht erhalten. Der Fonds soll nicht mehr allein von den USA und Europa dominiert werden.

Strauss-Kahn kündigte zudem an, mit dem ungeschriebenen Gesetz brechen zu wollen, wonach ein Amerikaner den Chefposten der Weltbank und ein Europäer den Spitzenposten des IWF besetzt. Im April schließlich legte Strauss-Kahn den düstersten aller Wirtschaftsausblicke vor. Er prophezeite, die Finanzkrise werde 1000 Milliarden Dollar kosten und lag damit nach bisherigem Kenntnisstand ziemlich richtig, wenn man die Finanzhilfen der US-Regierung summiert.

Nun sind ein paar Monate vergangen, und Strauss-Kahn fühlt sich bestätigt. Weltweit seien sich die Experten einig, sagt er, dass es nicht ausreiche, wenn sich die Finanzmärkte selber kontrollierten, sagt er. Die Krise habe vielmehr aufgrund mangelnder Regulierung erst entstehen können.

In dieses Vakuum will Strauss-Kahn den Währungsfonds platzieren: als obersten Aufseher der Finanzmärkte weltweit. Der IWF sei in der Lage, nicht mehr nur Finanz-Feuerwehr zu spielen, die eingreift, wenn es brennt und es also zu spät ist, sagt er.

Der IWF solle vielmehr präventiv tätig werden und dafür sorgen, dass sich solche Krisen nicht wieder ereignen. Strauss-Kahn fordert globale Regeln, die der IWF definieren und deren Einhaltung er garantieren könne.

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Strauss-Kahn ist sich breiter Unterstützung sicher: China, Brasilien, Frankreich, Großbritannien, Spanien und Deutschland hätten sich bereits für eine internationale Organisation ausgesprochen, die diese Funktion übernimmt. Der IWF stehe bereit.

Jedes Land müsse natürlich seine eigenen Gesetze verabschieden, das gebiete die Demokratie, räumt er ein. Aber diese müssten sich in einen universell geltenden Rahmen fügen. Denn anders als die Politik sei das Finanzsystem global organisiert.

"Ende der Anarchie"

Strauss-Kahn geht dabei ans Eingemachte: Er schlägt vor, nicht nur die Transparenz der Geldgeschäfte weltweit zu garantieren. Er will auch die Entlohnung der Spitzenverdiener an den Finanzmärkten kontrollieren.

Dort habe bisher "die Ideologie" vorgeherrscht, allein der Markt könne die Finanzmärkte regulieren. Nun habe die Krise den Glauben an der Selbstkontrolle hinweggefegt. Der Staat komme zurück. Dieser müsse künftig auch dafür sorgen, die Rating-Agenturen zu überwachen. Über die jeweiligen Standards müssten die Länder einen Konsens finden. Der IWF würde anschließend als Garant für die Einhaltung der Regeln eintreten.

Der Währungsfonds sei 1944 als eine Art weltweiter öffentlicher Dienst geschaffen worden, um "die Anarchie" auf dem Geldmarkt zu beenden, sagt Strauss-Kahn. "Heute müssen wir uns zusätzlich der Finanzmarktanarchie stellen: der Undurchsichtigkeit, Gier und Verantwortungslosigkeit eines Systems, das seinen Bezug zur realen Wirtschaft verloren hat."

Die Realwirtschaft breche seines Erachtens wegen des Bankenkrachs aber nicht zusammen. Die Zentralbanken würden es schaffen, die Finanzkrise zu meistern. Es werde aber weltweit einen anhaltenden Abschwung geben.

© SZ vom 30.09.2008/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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