Strahlenschutz:Unbekannte Gefahren

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Man sieht, man hört und man riecht sie nicht: Die Deutschen haben Angst vor Strahlen, das hat eine Untersuchung ergeben. Doch sie fürchten sich womöglich vor den falschen: Denn gefährlich ist etwas ganz anderes.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Man sieht sie nicht, riecht sie nicht, und hören kann man sie auch nicht: Den menschlichen Sinnen bleiben Strahlen verborgen. Im Verstand aber sind sie bei vielen Bundesbürgern fest verankert. Strahlung, ob sie nun vom Handy kommt, von Röntgengeräten oder Atomkraftwerken, macht vielen Angst. Ein knappes Drittel der Bevölkerung hat die Sorge, zu großer Strahlenbelastung ausgesetzt zu sein, und gut ein Fünftel - so ergibt eine Umfrage des Bundesamtes für Strahlenschutz - befasst sich intensiv mit schädlichen Einflüssen. "Eine substanzielle Minderheit", sagt Behördenchefin Inge Paulini.

Die Behörde begeht in diesen Tagen ihren 30. Geburtstag, mit der Umfrage hat sie sich gewissermaßen selbst beschenkt. Denn die Ergebnisse sollen auch belegen, dass viele Menschen gar nicht wissen, wo die großen Gefahren liegen. So sorgen sich drei Viertel wegen der radioaktiven Belastung durch Atomkraftwerke, die im Falle eines Unfalls in der Tat gigantisch sein kann. Die Hälfte der Befragten sind auch immer noch beunruhigt wegen der Strahlung rund um Handys. Auch andere Umweltprobleme, wie Plastik im Essen oder die Luftverschmutzung durch Autos, treiben eine Mehrheit der Deutschen um. Aber nicht einmal ein Viertel fürchtet sich vor Radon. "Wenn man sich die Wirkungen anschaut, ist das ein Missverhältnis", sagt Paulini. Schließlich sei dessen natürliche Strahlung nach dem Rauchen die zweitwichtigste Ursache für Lungenkrebs.

Radon kommt vor allem im Granitgestein deutscher Mittelgebirge vor, das Edelgas verbreitet sich bei schlecht gedämmten Bodenplatten in die Häuser. Doch das Wissen darüber ist gering. "Es ist eklatant, dass die Gefahren, die davon ausgehen, von der Bevölkerung und vom politischen Prozess nicht wahrgenommen werden", sagt Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth. Häufig kursiere die Angst, Regionen könnten wegen Radongefahren stigmatisiert werden, Menschen von dort wegziehen. Dabei helfe schon erhöhte Achtsamkeit, um die Gefahren zu mindern - anders lüften oder die Bodenplatte abdichten.

Letztlich gehe es um Information und Aufklärung, auch bei Radon, sagt Strahlenschützerin Paulini. Ein eigener Twitterkanal wurde am Mittwoch gestartet, insgesamt wolle die Behörde nun verständlicher und bürgernäher kommunizieren. "Da haben wir noch Luft nach oben", sagte Paulini.

© SZ vom 28.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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